16.1 Wie es zur Schlacht von Uhud1 kam

Nach den Berichten von Muhammad ibn Moslem al-Zuhri und anderer Gelehrter, deren Überlieferungen ich in ein Ganzes verschmolzen habe, kam es auf folgende Weise zu dem Treffen von Uhud: Nach der Niederlage der Quraisch bei Badr, als sowohl die Geflüchteten wie auch Abu Sufyan mit seiner Karawane nach Mekka zurückgekehrt waren, begaben sich Abd Allah ibn Abi Rabi'a, 'Ikrima ibn Abi Djahl und Safwan ibn Umaiyya mit anderen Quraisch, die bei Badr Väter, Söhne oder Brüder verloren hatten, zu Abu Sufyan und denen, welche Güter bei dieser Karawane hatten, und sagten zu ihnen: “Muhammad hat euch mißhandelt und die Besten unter euch erschlagen. Opfert euer Gut dem Krieg gegen ihn. Vielleicht können wir unsere Niederlage rächen.” Die Quraisch erklärten sich dazu bereit. Gegen sie offenbarte Allah, wie mir ein Gelehrter berichtet hat: “Die Ungläubigen geben ihr Gut hin, um uns vom Pfade Allahs abzuhalten. Das aber wird ihr Verderben sein. Sie werden besiegt und zusammen in die Hölle fahren” (Sure al-Anfal 8,36).

Als Abu Sufyan und die an der Karawane Beteiligten das nötige Geld hergaben, beschlossen die Quraisch mit ihren Verbündeten und den ihnen gehorsamen Stämmen von Kinana und den Bewohnern Tihamas, Muhammad zu bekriegen. Abu 'Azza Amr ibn Abd Allah al-Djumahi, ein armer Mann mit großer Familie, welcher bei Badr gefangengenommen wurde und dem Muhammad die Freiheit geschenkt hatte, wurde von Safwan ibn Umaiyya ersucht, mit den Quraisch auszuziehen und ihnen als Dichter mit seiner Zunge beizustehen. Er erwiderte: “Muhammad hat mich begnadigt. Ich will nichts gegen ihn tun.” Safwan sagte: “Du mußt uns beistehen. Kehrst du vom Krieg heim, so mache ich dich reich. Fällst du, so werde ich deine Töchter wie meine Töchter halten und mit ihnen Gutes und Schlimmes teilen.” Abu 'Azza ging hierauf nach Tihama und forderte die Banu Kinana zum Krieg auf.

Djubair ibn Mut'im rief seinen abessinischen Sklaven Wahschi zu sich, der nach Art der Abessinier gewandt im Speerwerfen war, so daß er selten das Ziel verfehlte und sagte zu ihm: “Ziehe mit den Leuten aus, und wenn du Hamza, den Onkel Muhammads tötest und damit meinen Onkel Tuaima ibn Adi rächst, so sollst du frei sein.”

16.2 Der Auszug der Quraisch

Die Quraisch zogen mit ihrer ganzen Macht und Stärke, mit den Verbündeten und denen, welche ihnen von den Banu Kinana und den Bewohnern von Tihama folgten, aus. Auch ihre Frauen begleiteten sie, damit die Männer um so mutiger kämpfen und nicht entfliehen würden. Abu Sufyan, der Oberfeldherr, nahm Hind, die Tochter 'Utbas mit. Sooft Hind an Wahschi vorüberging, sagte sie zu ihm: “O Abu Dasma” (so wurde er genannt), “stille unseren Durst nach Rache und schaffe dir selbst Genesung!” Die Quraischiten rückten vor bis an zwei Quellen im Gebirge, in der Vertiefung von Sabkha, bei Qanat, am Rande des Tales, Medina gegenüber.

16.3 Muhammads Vision

Als Muhammad und seine Gefährten hörten, wo die Quraisch sich niedergelassen hatten, sagte er: “Bei Allah, ich habe ein wahres Gesicht gehabt. Ich habe Stiere gesehen und eine Scharte an der Klinge meines Schwertes. Auch habe ich meine Hand in einen starken Panzer gesteckt, welcher, nach meiner Deutung, Medina darstellt. Ich habe gesehen, wie mir angehörende Stiere geschlachtet worden sind. Das bedeutet, daß manche meiner Gefährten erschlagen werden. Die Scharte an der Schneide meines Schwertes bedeutet den Tod eines meiner Verwandten.” Muhammad fuhr dann fort: “Wollt ihr in Medina bleiben und den Feind in seinem Lager lassen, so wird er einen schlechten Standpunkt haben, wenn er dort bleibt. Wenn er aber bei uns eindringt, so müssen wir ihn mitten in der Stadt bekämpfen.” Abd Allah ibn Ubayy stimmte dieser Ansicht bei, und Muhammad zog zwar ungern, aber doch selbst dem Feind entgegen.

Manche Moslems, die bei Badr nicht mitgefochten hatten, die jedoch Allah bei Uhud den Märtyrertod sterben ließ, sagten zusammen mit anderen: “O Gesandter Allahs, führe uns dem Feind entgegen! Er soll uns nicht für schwach und feige halten!”

Abd Allah bat Muhammad, in Medina bleiben zu dürfen. “Wir sind nie,” sagte er, “gegen einen Feind ausgezogen, ohne von ihm geschlagen worden zu sein, während noch keiner uns in der Stadt angegriffen hat, den wir nicht zurückgeschlagen hätten. Darum laß sie. Bleiben sie, so haben sie einen schwierigen Stand. Dringen sie in unsere Stadt ein, so treten ihnen unsere Männer entgegen, während unsere Frauen und Kinder Steine auf sie herabschleudern. Kehren sie um, so bleiben sie mit Schande bedeckt, wie sie gekommen sind.”

Aber die Kampflustigen bestürmten Muhammad so lange, bis er in seine Wohnung ging und seinen Panzer anzog. – Es war an einem Freitag, nach dem Gebet. – Muhammad betete noch für den an diesem Tage verstorbenen Hilfsgenossen Malik ibn Amr von den Banu al-Nadjdjar und begab sich dann zu der Truppe. Sie bereuten jetzt, was sie getan hatten und sagten: “Wir hätten Muhammad nicht nötigen sollen!” Dann sagten sie zu ihm: “Wir haben dich genötigt, das war nicht recht! Wenn du willst, so bleibe, Allah sei dir gnädig!” Muhammad antwortete: “Es ziemt einem Propheten nicht, wenn er einmal den Panzer angezogen hat, ihn wieder abzulegen, ehe er gekämpft hat.” So zog er dann mit tausend seiner Gefährten aus.

16.4 Der Rückzug der Heuchler

Als sie in Schaut, zwischen Medina und Uhud, angekommen waren, trennte sich Abd Allah mit einem Drittel der Leute von Muhammad und sagte: “Er schenkte anderen Gehör und folgte meinem Rat nicht. Wir wissen nicht, ihr Leute, wozu wir uns umbringen lassen sollen.” Abd Allah kehrte mit den Heuchlern und Zweiflern aus seinem Volke um.

Abd Allah ibn Amr ibn Haram, ein Bruder der Banu Salama, eilte ihnen nach und sagte: “Ich ermahne euch bei Allah, verlaßt euer Volk und euren Propheten angesichts des Feindes nicht!” Sie erwiderten: “Wüßten wir, daß es zum Kampf käme, so würden wir euch nicht preisgeben, aber das glauben wir nicht.” Als sie in ihrer Widerspenstigkeit verharrten und durchaus umkehren wollten, sagte er: “Allah verdamme euch, Feinde Allahs! Er wird euch seinem Propheten entbehrlich machen!”

Ein anderer als Zijad hat berichtet, die Moslems hätten am Tage von Uhud zu Muhammad gesagt: “Sollen wir nicht die mit uns verbündeten Juden zu Hilfe rufen?” Er aber habe geantwortet: “Wir brauchen sie nicht!”

Zijad erzählt: “Muhammad rückte vor bis auf das Steinfeld der Banu Harith. Da wedelte eine Stute mit dem Schwanz und traf den Haken, an welchem das Schwert hing, so daß es aus der Scheide fiel. Muhammad, der manches als Vorbedeutung2 ansah, ohne jedoch den Flug der Vögel oder dergleichen zu befragen, sagte zu dem Träger des Schwertes: ,Zeichne dein Schwert, denn ich sehe, daß heute unsere Schwerter gezogen werden.'

Dann sagte er zu seinen Gefährten: ,Wer will mit uns gegen den Feind auf einem nahen Weg ziehen, auf dem er uns nicht begegnet?' Abu Haithama, ein Bruder der Banu Haritha, sagte: ,Ich, Gesandter Allahs!' Er ging mit ihm über das Feld der Banu Haritha und zwischen ihren Gütern hindurch, bis sie an das Feld des blinden Mirba ibn al-Qaizi kamen, der ein Heuchler war. Als er die Stimme Muhammads und seiner Gefährten hörte, warf er ihnen Erde ins Gesicht und rief: ,Wenn du auch ein Gesandter Allahs bist, so gestatte ich dir doch nicht, meinen Garten zu betreten.' Die Leute sprangen herbei, um ihn zu erschlagen, aber Muhammad sagte: ,Tötet ihn nicht! Er ist blind im Herzen und an den Augen.' Ehe jedoch Muhammad dies gesagt, war Sa'd ibn Zaid, ein Bruder der Banu Abd al-Aschhal, schon auf ihn zugesprungen und hatte ihn mit seinem Bogen am Kopf verwundet.”

16.5 Muhammad rüstet sich zum Kampf

Muhammad ging dann weiter bis zur Schlucht von Uhud, wo das Tal nach dem Berge hinausläuft. Hier schlug er sein Lager auf. Den Berg Uhud hatte er schützend im Rücken. Er verbot seinen Leuten, eher zu kämpfen, als er den Befehl dazu erteilen werde. Die Quraisch hatten ihre Tiere, die in der Reserve und an den Flügeln standen, in den Saatfeldern von Samgha, die Moslems gehörten, weiden lassen. Als Muhammad vom Kampf zurückhielt, sagte ein Hilfsgenosse: “Sollen die Saaten der Söhne Qailas abgeweidet werden, ohne daß wir kämpfen?” Muhammad stellte hierauf seine Leute, die 700 Mann zählten, in Schlachtordnung auf. Er stellte Abd Allah ibn Djubair, von den Banu Amr ibn Auf, der durch ein weißes Gewand ausgezeichnet war, an die Spitze der 50 Bogenschützen und sagte: “Halte mit deinen Pfeilen die feindlichen Reiter von uns ab, damit sie uns nicht in den Rücken fallen. Das Treffen mag eine günstige oder schlimme Wendung für uns nehmen, bleibe du auf deinem Posten, daß wir von deiner Seite her nicht überfallen werden.”

Muhammad schützte sich selbst durch einen doppelten Panzer.3 Das Banner übergab er Mus'ab ibn 'Umayr. Muhammad nahm an jenem Tage auch Samura ibn Djundub und Raafi' ibn Khadidj, einen Bruder der Banu Haritha, auf. Beide waren erst fünfzehn Jahre alt. Er hatte sie zurückgewiesen. Man sagte ihm aber: “Raafi' ist ein guter Schütze!” Als er diesen aufgenommen hatte, sagte man ihm noch: “Samura kann Raafi' niederstrecken.” So ließ er auch ihn zu. Er wies aber Usama ibn Zaid, Abd Allah ibn Umar, Zaid ibn Thabit, von den Banu Malik, Bara ibn Azib, von den Banu Haritha, Amr ibn Hazm, von den Banu Malik und Usayd ibn Zuhair, von den Banu Haritha, ab, die auch erst 15 Jahre alt waren, ließ sie jedoch am Tag des Grabenkrieges zu.

Die Quraisch, die 3000 Mann, darunter 200 Reiter an den Flügeln, zählten, welche Khalid ibn Walid und 'Ikrima anführten, stellten sich ebenfalls in Schlachtordnung auf.

16.6 Über Abu Dudjana

Muhammad sagte: “Wer will dieses Schwert um seinen Preis?” Es erhoben sich mehrere Leute. Aber Muhammad gab es keinem, bis Abu Dudjana Simak ibn Kharascha, ein Bruder der Banu Sa'ida, hervortrat und fragte: “Um welchen Preis?” Muhammad sagte: “Du mußt damit auf den Feind einhauen, bis es sich biegt.”4 – “So gib es mir,” sagte Abu Dudjana, und Muhammad gab es ihm. Abu Dudjana war ein tapferer Mann, der sich im Krieg hervorzutun pflegte. Sobald er sich einen roten Turban umgebunden hatte, wußte man, daß er kämpfen wollte. Als er das Schwert genommen hatte, zog er das rote Tuch hervor, band es um den Kopf und ging stolz zwischen den beiden Reihen einher. Als Muhammad ihn so stolz einhergehen sah, sagte er: “Ein solcher Gang ist Allah nur an dieser Stelle angenehm.”

16.7 Die Geschichte des ruchlosen Abu 'Amir

Abu 'Amir Abd Amr ibn Saifi von den Banu Dhubaia hatte, aus Haß gegen Muhammad, sich mit fünfzig Ausiten nach Mekka begeben und den Quraischiten versichert, daß, wenn er seinen Leuten entgegentreten werde, nicht zwei Mann sich ihm widersetzen würden. Als nun der Zusammenstoß begann, befand sich Abu 'Amir an der Spitze der Verbündeten und ihrer Sklaven. Er rief: “O ihr Ausiten! Ich bin Abu 'Amir.” Sie antworteten: “Allah verdamme dich, du Ruchloser!” Muhammad hatte ihm diesen Beinamen gegeben, während er bei den Heiden “Mönch” genannt wurde.

Als er diese Antwort vernahm, sagte er: “Mein Volk ist nach meiner Trennung vom Bösen heimgesucht worden.” Er kämpfte dann heftig gegen sie und bewarf sie auch mit Steinen. Abu Sufyan sagte zu den Fahnenträgern von den Banu Abd al-Dar, um sie anzuspornen: “O ihr Söhne Abd al-Dars! Ihr wart die Herren unserer Fahne am Tage von Badr, und ihr habt gesehen, was uns zugestoßen ist. Das Schicksal des Heeres hängt vom Banner ab, weicht dieses, so geht auch das Heer zugrunde. Schützt unser Banner oder überlaßt es uns, und wir wollen es schützen.” Die Banu Abd al-Dar gerieten in Eifer und versprachen, ihre Pflicht zu erfüllen und sagten: “Wir sollen dir unsere Fahne übergeben? Du sollst morgen, beim Treffen, unsere Taten sehen.” Abu Sufyan hatte damit seinen Zweck erreicht. Als der Zusammenstoß begann, erhob sich Hind mit den anderen Frauen, die bei ihr waren, sie folgten den Männern mit Tamburinen und spornten sie zum Kampfe an. Hind rief ihnen u. a. zu:

Mutig, ihr Söhne Abd al-Dars! Mutig, ihr Beschützer derer, die euch folgen. Haut zu mit scharfen Klingen! Schreitet ihr vorwärts, so umarmen wir euch und breiten Polster vor euch aus. Flieht ihr aber, so scheiden wir voneinander, nicht wie Liebende.

Das Losungswort der gläubigen Moslems am Tage von Uhud war, wie Hischam berichtet: “Töte! Töte!”5

Der Kampf entspann sich und wurde immer heftiger. Abu Dudjana kämpfte und drang mitten in die Reihen des Feindes. Sooft er einen Gegner angriff, berichtet Zubair weiter, erschlug er ihn. Es befand sich unter den Ungläubigen ein Mann, der jeden Verwundeten totschlug. Als er in die Nähe Abu Dudjanas kam, betete ich zu Allah, er möge sie gegeneinander führen. Dies geschah auch, und sie wechselten zwei Hiebe miteinander. Der Ungläubige traf Abu Dudjanas Schild und beschädigte sein Schwert daran. Dann wurde er von ihm erschlagen. Weiter sah ich, wie er sein Schwert auch über das Haupt Hinds schwang, es aber wieder zurückzog. Da sagte ich: “Allah und sein Gesandter wissen doch mehr!”

16.8 Der Tod Hamzas, des Herrn der Märtyrer

Hamza stürzte sich in das Schlachtgetümmel, bis er Artat ibn Abd Schurahbil, einen der Bannerträger erschlug. Als hierauf Siba ibn Abd al-'Uzza an ihm vorüberkam, welcher den Beinamen Abu Niyar führte, forderte er ihn zum Zweikampf auf, indem er ihm zurief: “Herbei, du Sohn der Beschneiderin!” Seine Mutter, Umm Ammar, eine Freigelassene des Thaqifiten Schariq ibn Amr, beschnitt nämlich Jungfrauen Mekkas. Hamza erschlug ihn auch.

Wahschi erzählt: “Ich sah Hamza, der wie ein dunkelbraunes Kamel die Menschen mit seinem Schwert ohne Gnade niedermähte, als Siba vor mir sich näherte. Er rief ihm zu: ‘Herbei, du Sohn einer Beschneiderin!' Er versetzte ihm einen Hieb, verfehlte aber sein Haupt. Ich schwang alsbald meinen Speer und warf ihn in Hamzas Unterleib mit solcher Kraft, daß er zwischen den Füßen wieder hervorkam. Er taumelte mir entgegen, war aber überwunden und fiel um. Ich wartete, bis er tot war. Dann zog ich den Speer heraus, begab mich stolz zum Heer zurück und sagte: ,Nun brauche ich nichts weiter!' Ich hatte ihn nur erschlagen, um frei zu werden.

Als ich nach Mekka kam, erhielt ich meine Freiheit. Ich blieb in Mekka, bis die Stadt von Muhammad erobert wurde. Da floh ich nach Ta'if. Als aber Abgeordnete von Ta'if sich zu Muhammad begaben, um den Islam anzunehmen, wußte ich nicht, welchen Fluchtweg ich nehmen solle. Ich dachte daran, nach Jemen, Syrien oder einem andern Land auszuwandern. Während ich so in Sorgen war, sagte jemand zu mir: ,Wehe dir! Bei Allah, Muhammad tötet keinen Menschen, der seine Religion annimmt und sein Glaubensbekenntnis ablegt.' Als er dies gesagt hatte, reiste ich nach Medina, und ehe Muhammad etwas ahnte, stand ich vor ihm und legte das wahre Glaubensbekenntnis ab. Als er mich erblickte, fragte er: ‘Bist du Wahschi?'

Als ich seine Frage bejahte, hieß er mich sitzen und forderte mich auf, ihm zu erzählen, wie ich Hamza getötet hätte. Ich erzählte es ihm, so wie ich es eben euch erzählt habe. Als meine Erzählung zu Ende war, sagte er: ,Wehe dir! Entziehe mir deinen Anblick! Ich will dich nie mehr sehen!'

Ich wich ihm von da an immer aus, damit er mich nie mehr sähe, bis ihn Allah zu sich nahm.”

16.9 Der Tod des Mus'ab ibn 'Umayr

Mus'ab ibn 'Umayr verteidigte Muhammad, bis ihn Ibn Qamia al-Laithi erschlug. Er verwechselte ihn mit dem Gesandten Allahs, ging zu den Quraisch zurück und sagte: “Ich habe Muhammad erschlagen.”

Als Mus'ab erschlagen war, übergab Muhammad die Fahne Ali, der mit anderen Moslems den Kampf fortsetzte.

Maslama ibn 'Alqama hat mir erzählt: “Als der Kampf am Tage von Uhud heftig wurde, saß Muhammad unter dem Banner der Hilfsgenossen und befahl Ali, mit dem Banner vorzurücken. Ali gehorchte und sagte: ,Ich bin der Allesniederschmetternde.'6 Abu Sa'd ibn Abi Talha, der Bannerträger der Ungläubigen, fragte ihn, ob er Lust habe, seine Herausforderung anzunehmen. Ali sagte: ,Ja,’ und sie kämpften miteinander zwischen den beiden Reihen. Ali versetzte ihm einen Hieb, der ihn niederstreckte, worauf er ihn verließ, ohne ihn zu töten. Als seine Gefährten ihn fragten, warum er ihn nicht getötet habe, sagte er: ‘Er ist mir mit entblößten Schamteilen entgegengekommen, darum hat mich die Verwandtenliebe von ihm zurückgehalten. Ich wußte, daß Allah ihn schon getötet hat.'”

16.10 Die Geschichte des 'Asim ibn Thabit

'Asim ibn Thabit ibn Abi al-Aqlah kämpfte, bis er Musafi und Djulas, die Söhne Talhas, mit einem Pfeilschuß tötete. Djulas lief noch zu seiner Mutter Sulafa und legte seinen Kopf in ihren Schoß. Sie fragte, wer ihn verwundet habe, und er antwortete: “Ich habe gehört, wie ein Mann, der den Pfeil gegen mich abschoß, gesagt hat: ,Nimm ihn hin! Ich bin der Sohn des Abi al-Aqlah.'” Da gelobte sie, daß, wenn Allah das Haupt Abi al-Aqlahs in ihre Gewalt gäbe, sie Wein daraus trinken werde.

16.11 Von Handhala, den die Engel gewaschen hätten

Handhala ibn Abi Amir kämpfte gegen Abu Sufyan und erlangte die Oberhand. Als Schaddad ibn al-Aswad dies sah, versetzte er Handhala einen Hieb, der ihn tötete. Muhammad sagte: “Die Engel werden euren Gefährten Handhala waschen.” Man befragte dann seine Familie über seinen Zustand, und seine Gattin sagte: “Er war unrein, zog aber aus, sobald er das Kriegsgeschrei hörte.” Dann sandte Allah den Gläubigen seinen Beistand und erfüllte seine Verheißung. Sie drangen auf die Ungläubigen mit dem Schwert ein, bis sie vom Lager wichen und ihre Flucht offensichtlich war.

16.12 Das Mißgeschick nach dem Sieg

Yahya ibn Abbad hat mir von seinem Vater berichtet, der ihm von seinem Großvater erzählt hat: “Bei Allah, ich weiß noch, wie ich zu den Dienern und Freundinnen Hinds, der Tochter 'Utbas, hinblickte, welche in aller Eile flohen, und es hätte wenig gefehlt, daß sie gefangengenommen worden wären. Da gingen die Schützen auf das feindliche Lager zu, von welchem wir den Feind vertrieben hatten und gaben unsern Rücken den feindlichen Reitern frei, welche uns alsbald von hinten überfielen.7

Man hörte dann eine Stimme, die rief: ,Muhammad ist erschlagen,’ worauf wir die Flucht ergriffen, nachdem wir die feindlichen Bannerträger geschlagen hatten, daß keiner dem Banner mehr nahe zu kommen wagte. Der Rufende war der Geist der Anhöhe (d.h. der Satan!).

Das Banner der Quraisch blieb liegen, bis es Amra, die Tochter Alqamas von den Banu Harith, aufhob und die Quraisch sich wieder darum sammelten. Der letzte Bannerträger war Suab, ein abessinischer Sklave der Banu Abi Talha. Er hatte gekämpft, bis ihm beide Hände abgehauen wurden. Dann verteidigte er das Banner noch kniend und drückte es an seinen Hals und seine Brust, bis er getötet wurde und sterbend ausrief: ,Allah, bist du mir beigestanden? Ich bin entschuldigt.'"

Hassan ibn Thabit hat hierüber gedichtet:

Ihr rühmt euch mit eurer Fahne. Aber welch ein schlechter Ruhm, wenn die Fahne einem Betrunkenen gegeben wird, wenn ihr euren Ruhm einem Sklaven anvertraut, dem niedrigsten aller Menschen, welche den Staub der Erde betreten. Ihr wähntet am Schlachttage - der Tor lebt immer im Wahn und trifft das Rechte nie - ihr werdet in Mekka unsre milchreichen Kamelinnen verkaufen, mit rötlicher Brust, deren gerötete Vorderfüße das Auge erfreuen, die aber nicht von Farbe gerötet sind.

16.13 Was Muhammad am Tage von Uhud widerfahren ist

Die Moslems waren nun bloßgestellt, und der Feind brachte ihnen eine Niederlage bei. Es war ein Tag der Versuchung und Erprobung, an welchem Allah manche durch den Märtyrertod verherrlichte. Zuletzt drang der Feind bis in die Nähe Muhammads vor. Er wurde von einem Stein getroffen, den 'Utba ibn Abi Waqqas gegen ihn schleuderte, so daß er umfiel. Muhammad wurde ein Vorderzahn ausgeschlagen, und er erhielt eine Wunde an der Wange und an den Lippen.

Humaid al-Tawil hat von Anas ibn Malik berichtet: “Am Tage von Uhud wurde ein Vorderzahn des Propheten ausgeschlagen, und er wurde im Gesicht verwundet, so daß das Blut an seinem Gesicht herabfloß. Er sagte, indem er es abwischte: ,Wie kann ein Volk gedeihen, das seinen Propheten, der sie zu Allah aufruft, mit Blut färbt.' Hierauf offenbarte Allah: ‘Du hast keine Gewalt. Allah wendet ihnen entweder seine Gnade zu oder bestraft sie als Übeltäter’“ (Sure Al 'Imran 3,128).

Rubaih ibn Abd al-Rahman erzählt: “'Utba ibn Abi Waqqas habe an jenem Tage einen Stein gegen Muhammad geschleudert, der ihm den rechten unteren Vorderzahn einschlug und die Unterlippe verwundete. Abd Allah ibn Schihab al-Zuhri habe ihn an der Stirn, und Ibn Qamia an der Wange verletzt. Auch wurden zwei Ringe vom Helm in die Wange gedrückt, und er fiel in eine der Gruben, welche Abu 'Amir heimlich gemacht hatte, damit die Gläubigen hineinstürzen sollten. Ali ergriff dann Muhammads Hand, und Talha ibn 'Ubaid Allah hob ihn in die Höhe, bis er wieder aufrechtstand. Malik ibn Sinan sog das Blut aus seinem Gesicht und verschlang es. Muhammad sagte: ,Wer mein Blut mit dem seinigen vermischt, bleibt von der Hölle unberührt.’”8

Abd al-Aziz ibn Muhammad berichtet, Abu Ubaida ibn al-Djarrah habe einen der beiden Panzerringe aus Muhammads Gesicht gezogen. Dabei fiel ihm ein Vorderzahn aus. Dann entfernte er den zweiten Panzerring aus Muhammads Gesicht, und da fiel auch der zweite Vorderzahn aus.

Hassan ibn Thabit hat folgende Verse gegen 'Utba gedichtet:

Wenn Allah ein Geschlecht für seine Taten bestraft und für seine Widerspenstigkeit gegen den Barmherzigen, den Herrn des Ostens, so möge er dich beschämen, du Utaib9 ibn Malik, und vom Tod einen seiner Donner gegen dich schleudern! Du hast böswillig deine Rechte gegen den Propheten ausgestreckt und seinen Mund bluten gemacht. Möge sie von einem Blitz abgeschlagen werden! Hast du nicht an Allah gedacht und an den Ort, der deiner harrt, wenn das Ungemach herannaht?

Als der Feind auf Muhammad eindrang, fragte er: “Wer will sich für uns opfern?”10 Da erhob sich Zijad ibn al-Sakan mit fünf anderen Hilfsgenossen, und einer nach dem andern beschützte Muhammad kämpfend, bis er erschlagen wurde. Der letzte war Zijad oder sein Sohn Umara, der sich schlug, bis er schwer verwundet war. Dann kam eine Schar Gläubiger herbei, die den Feind von ihm wegtrieb. Muhammad sagte: “Bringt ihn zu mir her!” Als man ihn herbeibrachte, stützte Muhammad dessen Haupt auf seinen Fuß, und er starb in dieser Lage.11

16.14 Von denen, welche für Muhammad gekämpft haben

Abu Dudjana gab seinen Leib als Schild für Muhammad hin. Er neigte sich über ihn und bot seinen Rücken den feindlichen Pfeilen, bis er dicht von ihnen gespickt war. Sa'd ibn Abi Waqqas beschützte Muhammad mit seinem Bogen. Dieser reichte ihm die Pfeile und sagte: “Schieße! Du bist mir teurer als mein Vater und meine Mutter!” Zuletzt reichte er ihm sogar Pfeile ohne Spitze und sagte: “Schieße damit!” Asim ibn Umar hat mir berichtet, Muhammad habe selbst Pfeile geschossen bis sein Bogen unbrauchbar wurde, den dann Qatada ibn al-Nu'man nahm. Dieser wurde an jenem Tage am Auge getroffen, so daß es ihm auf die Wange fiel.

Dem Bericht des Ibn Schihab al-Zuhri zufolge erkannte nach der Flucht, nachdem es geheißen hatte, Muhammad sei erschlagen worden, Ka'b ibn Malik ihn zuerst wieder. “Ich sah,” so erzählt er, “wie seine Augen unter dem Visier hervorstrahlten.” Da rief ich laut: “Freut euch, ihr Gläubigen, hier ist der Gesandte Allahs!” Dieser gab mir aber ein Zeichen, daß ich schweigen möge. Als die Gläubigen Muhammad erkannten, gingen sie mit ihm zur Schlucht. Es waren u. a. bei ihm: Abu Bakr, Umar, Ali, Talha, Zubair und al-Harith ibn al-Simma.

Als Muhammad in der Schlucht ausruhte, kam Ubayy ibn Khalaf und rief: “Wo ist Muhammad? Ich will zugrunde gehen, wenn er entkommt!” Da fragten die Leute Muhammad, ob einer von ihnen Ubayy entgegentreten solle. Er antwortete: “Laßt ihn!” Als er nahe kam, ergriff Muhammad die Lanze des Harith ibn al-Simma und schwang sie in einer Weise, daß wir davonflogen wie eine giftige Fliege vom Rücken eines Kamels, wenn es sich schüttelt. Er ging dann auf ihn zu und versetzte ihm einen Schlag in den Nacken, daß er beinahe vom Pferd herabtaumelte. Er schwankte und neigte sich von einer Seite auf die andere.

Ubayy war einst Muhammad in Mekka begegnet und hatte nach dem Bericht des Salih ibn Ibrahim zu ihm gesagt: “Ich habe eine Stute, die al-'Audh heißt. Ich füttere sie jeden Tag mit einer Ration Korn, damit ich auf ihr reitend dich töte.” Muhammad hatte ihm geantwortet: “Nicht so, sondern wenn Allah will, werde ich dich erschlagen!” Als er mit einer kleinen Wunde am Nacken zu den Quraischiten zurückkehrte, aus der nur wenig Blut floß, sagte er: “Bei Allah, Muhammad hat mich getötet.” Die Quraisch sagten zu ihm: “Bei Allah, du bist ein Schwächling und hast dein Herz verloren.” Er erwiderte: “Er hat mir in Mekka gesagt, er werde mich erschlagen. Und wenn er mir nur ins Gesicht gespien hätte, so müßte ich auch daran sterben.” Der Feind Allahs starb während der Rückkehr nach Mekka in Sarif.12

16.15 Wie Muhammad in die Schlucht gelangte

Als Muhammad an den Eingang der Schlucht gelangte, ging Ali heraus und füllte seinen Schlauch an einer Zisterne und brachte ihn Muhammad. Dieser fand aber einen unangenehmen Geruch an dem Wasser und trank vor Ekel nichts davon. Er wusch das Blut vom Gesicht und goß Wasser auf sein Haupt und sagte: “Allahs Zorn wird heftig sein gegen den, der das Gesicht seines Propheten blutig geschlagen hat.”

Während Muhammad mit den Gefährten in der Schlucht war, bestiegen mehrere Quraischiten den Berg. Khalid ibn Walid befehligte diese Reiter. Da sagte Muhammad: “Allah, laß sie nicht über uns kommen!” Umar und einige Hilfsgenossen kämpften gegen sie, bis sie sie vom Berg vertrieben hatten. Muhammad wollte dann auf einen Felsen steigen, der auf dem Berg hervorragte. Da er aber in einem doppelten Panzer steckte, war er für dieses Vorhaben zu schwach. Talha stützte ihn daher von unten, bis er den Felsen bestiegen hatte und aufrechtstand. Umar, ein Freigelassener Ghufras, berichtet, Muhammad habe am Tage von Uhud das Mittagsgebet wegen der Wunden, die er erhalten hatte, sitzend verrichtet. Die Gläubigen beteten ihm, ebenfalls sitzend, nach. Viele Gläubige hatten die Flucht ergriffen. Einige waren bis al-Munaqqa über al-A'was gekommen.

16.16 Die Gnade, als Märtyrer zu sterben

Als Muhammad nach Uhud ausrückte, ließ man Abu Hudhaifa ibn al-Yaman und Thabit ibn Waqsch in den festen Häusern bei den Frauen und Kindern zurück, denn beide waren sehr bejahrt. Einer sagte aber zum andern: “Mögst du keinen Vater haben! Auf was wartest du? Bei Allah, es bleibt keinem von uns eine längere Lebensfrist, als ein Esel den Durst aushalten kann. Wir sind heute oder morgen des Todes. Wollen wir nicht lieber zu unserem Schwert greifen und uns dem Gesandten Allahs anschließen? Vielleicht schenkt uns Allah die Gnade, mit ihm als Märtyrer zu sterben.” Sie gingen dann zu den übrigen Gläubigen mit dem Schwert in der Hand, und niemand erkannte sie. Thabit wurde von den Ungläubigen erschlagen, Abu Hudhaifa aber von den Gläubigen. Hudhaifa schrie: “Mein Vater!” Sie sagten: “Bei Allah, wir haben ihn nicht erkannt.” Und es war auch so. Worauf jener versetzte: “Allah, der Allbarmherzige, vergebe euch!” Muhammad wollte ihm das Sühnegeld geben, aber er schenkte es dem armen Gläubigen, was ihm bei Muhammad noch höheres Ansehen einbrachte.

Jazid, ein Sohn des Hatib ibn Umaiyya, wurde bei Uhud verwundet, und man brachte ihn sterbend in die Wohnung seiner Familie. Die Hausbewohner sammelten sich um ihn, und die gläubigen Männer und Frauen sagten: “Freue dich, Sohn Hatibs, auf das Paradies!” Hatib, ein Greis, der noch vom Heidentum umschleiert war, verriet an diesem Tage seine Heuchelei, indem er sagte: “Was verkündet ihr meinem Sohn? Etwa einen Garten bei Harmal?13 Bei Allah, ihr habt diesen Jungen durch falsche Vorspiegelungen um sein Leben gebracht!”

16.17 Der Tod Mukhairiqs

Mukhairiq, einer der Banu Tha'laba ibn al-Fityun, war auch unter denen, welche bei Uhud erschlagen wurden. Er sagte an diesem Tag zu den Juden: “Ihr wißt, bei Allah, daß ihr Muhammad Beistand schuldig seid.” Sie erwiderten: “Heute ist Sabbat.” Er aber entgegnete: “Es gibt keinen Ruhetag,” nahm seine Rüstung und sein Schwert und sagte: “Wenn ich falle, so sei Muhammad der Erbe meines Gutes und schalte damit nach Belieben.” Er begab sich dann zu Muhammad und kämpfte an seiner Seite, bis er getötet wurde. Wie mir berichtet wurde, soll Muhammad gesagt haben: “Mukhairiq war der beste aller Juden!”

16.18 Die Geschichte des al-Harith ibn Suwayd

Al-Harith ibn Suwayd, der ein Heuchler war, zog mit den Gläubigen nach Uhud. Während des Kampfes überfiel er Mudjadhdhar ibn Dhiyad und Qays ibn Zaid, tötete sie und schloß sich in Mekka den Quraischiten an. Wie man berichtet, erteilte Muhammad Umar den Befehl, ihn zu töten, wenn er seiner habhaft werde. Aber er entkam und blieb in Mekka. Dann ließ er seinem Bruder Djulas sagen, er wolle sich bekehren, um zu seinem Volk zurückkehren zu können. Da offenbarte Allah: “Wie soll Allah Menschen leiten, die wieder ungläubig geworden sind, nachdem sie geglaubt und bekannt haben, daß der Gesandte ein wahrer Gesandter ist, der ihnen klare Zeichen gebracht hat ...” (Sure Al 'Imran 3,86). Eines Tages, als Muhammad bei einigen seiner Gefährten saß, trat al-Harith aus einem Garten heraus, in zwei rotgefärbte Gewänder gehüllt. Muhammad befahl alsbald Uthman ibn 'Affan, ihm den Kopf abzuschlagen.14

16.19 Der Tod des 'Amr ibn al-Djamuh

Amr ibn Djamuh war ein Mann, der stark hinkte. Er hatte vier Söhne, welche wie Löwen an der Seite Muhammads fochten. Am Tage von Uhud wollten sie ihren Vater zurückhalten. Sie sagten zu ihm, Allah werde ihn entschuldigen. Er ging zu Muhammad und sagte zu ihm: “Meine Söhne wollen mich zurückhalten und mir nicht gestatten, in diesem Feldzug mit dir zu ziehen. Aber, bei Allah, ich hoffe in dieser Lahmheit das Paradies zu betreten.” Muhammad erwiderte: “Gewiß wird dir Allah verzeihen. Du bist nicht verpflichtet, in den Krieg zu ziehen.” Seinen Söhnen sagte er aber: “Warum wollt ihr ihn zurückhalten? Vielleicht schenkt ihm Allah die Gnade, als Märtyrer zu sterben.”15 Amr zog dann mit und wurde am Tage von Uhud erschlagen.

16.20 Die Geschichte Hinds und der Verstümmelung Hamzas

Salih ibn Kaisan hat erzählt: “Hind, die Tochter 'Utbas und die Frauen, die bei ihr waren, verstümmelten die gefallenen Gefährten Muhammads und schnitten ihnen Ohren und Nasen ab. Hind machte aus Ohren und Nasen der Männer Fuß- und Halsbänder und schenkte ihre Fuß- und Halsbänder und Ohrringe Wahschi, dem Sklaven des Djubair ibn Mut'im. Sie schnitt auch die Leber Hamzas heraus, biß ein Stück davon ab, konnte es jedoch nicht verschlingen und spie es wieder aus. Dann bestieg sie einen hohen Felsen und rief mit lauter Stimme:

Wir haben euch den Tag von Badr heimgezahlt und auf jenen Kampf folgt ein anderer, sehr heißer. Ich hielt es nicht mehr aus vor Schmerz über 'Utba, meinen Bruder, seinen Onkel und meinen Erstgeborenen. Nun habe ich meinem Herzen Linderung verschafft und mein Gelübde erfüllt. Wahschi hat den Brand in meiner Brust geheilt, ich werde ihm stets dankbar sein, bis meine Gebeine im Grabe vermodern.

Muhammad selbst ging, wie ich vernommen habe, um Hamza aufzusuchen, und er fand ihn im Inneren des Tales. Die Leber war aus dem Leibe geschnitten. Er war ganz verstümmelt, mit abgeschnittenen Ohren und abgeschnittener Nase.

Als Muhammad dies sah, sagte er: “Wenn ich nicht fürchtete, Safiyya würde sich betrüben, und man könnte es nach mir als Beispiel nehmen, so würde ich ihn liegen lassen, bis ihn wilde Tiere und Raubvögel aufzehren. Verleiht mir Allah irgendwo Sieg über die Quraisch, so werde ich dreißig von ihnen verstümmeln.” Als die Gläubigen Muhammads Schmerz und Grimm sahen über die Mißhandlung seines Onkels, sagten sie: “Bei Allah, wenn uns Allah dereinst Sieg verleiht, wollen wir sie in einer Weise verstümmeln, wie es noch nie unter Arabern vorgekommen ist.” Als Muhammad so vor Hamza stand, sagte er: “Bei Allah, es ist mir nie ein ähnliches Unglück widerfahren. Ich war nie in einer schmerzlicheren Lage als heute.” Dann fuhr er fort: “Gabriel ist zu mir gekommen und hat mir mitgeteilt, Hamza sei unter den Bewohnern der sieben Himmel, dort stehe geschrieben: ‘Hamza, Sohn des Abd al-Muttalib, der Löwe Allahs und seines Gesandten.’” Muhammad, Hamza und Abu Salama ibn Abd al-Asad waren Milchbrüder. Sie wurden miteinander von einer Freigelassenen Abu Lahabs gestillt.

Muhammad ibn Ka'b al-Qurazi und ein anderer zuverlässiger Mann von Ibn 'Abbas berichtet, Allah habe infolge dieser Worte Muhammads und seiner Gefährten, geoffenbart: “126 Wenn ihr straft, so straft in dem Maße, wie euch Unrecht angetan worden ist. Wenn ihr aber (das an euch verübte Unrecht) mit Geduld ertragt, ist das besser für euch. 127 Seid geduldig und vertraut auf Allah. Betrübe dich nicht über sie und fühle dich nicht beengt wegen ihrer Bosheit” (Sure al-Nahl 16,126-127).

Muhammad verzieh hierauf, ertrug alles mit Geduld und verbot die Verstümmelung. Humaid al-Tawil hat mir von Hasan berichtet, der es von Samura ibn Djundub gehört hat: “Muhammad verließ nie einen Ort, an welchem er sich aufgehalten hatte, ohne uns zu ermahnen, Almosen zu geben und das Verstümmeln zu unterlassen.” Ein zuverlässiger Mann hat mir von Miqsam, einem Freigelassenen des Abd Allah ibn al-Harith, berichtet, der es von Ibn 'Abbas gehört hat: Muhammad habe Hamza in einen Mantel hüllen lassen, dann über ihm gebetet und siebenmal das “Allahu Akbar” ausgesprochen. Dann ließ er die übrigen Erschlagenen neben Hamza legen und betete für sie und für ihn gemeinsam, so daß zweiundsiebzigmal für ihn gebetet wurde.

Wie ich vernommen habe, kam Safiyya, die Tochter Abd al-Muttalibs, um Hamza, ihren Bruder väterlicher- und mütterlicherseits, nochmals zu sehen. Muhammad sagte zu ihrem Sohn Zubair ibn al-Awwam: “Geh ihr entgegen und führe sie zurück, damit sie nicht sehe, was ihrem Bruder widerfahren ist.” Als Zubair es ihr meldete, sagte sie: “Warum? Ich habe gehört, mein Bruder sei verstümmelt worden. Das ist für Allah geschehen! Wir sind dadurch unangenehm berührt, aber ich werde Allahs Vergeltung dafür erflehen und es standhaft ertragen, so Allah will.” Als Zubair diese Worte Muhammad hinterbrachte, sagte er: “Laß sie!” Sie kam, sah Hamza an, betete für ihn, nahm ihre Zuflucht zu Allah und erflehte dessen Barmherzigkeit für ihn. Dann ließ Muhammad ihn beerdigen.

16.21 Die Beerdigung der Märtyrer

Manche Gläubige brachten ihre Toten nach Medina, um sie dort zu beerdigen. Später verbot es Muhammad und sagte: “Beerdigt sie, wo sie gefallen sind.” Als Muhammad die Erschlagenen bei Uhud sah, sagte er: “Ich erkläre vor diesen, daß, wer auf dem Pfade Allahs verwundet worden ist, am Tage der Auferstehung mit blutenden Wunden auferweckt wird. Die Wunden werden die Farbe des Bluts haben, aber sie werden wie Moschus duften. Sucht den, welcher am meisten vom Qur’an auswendig gelernt hat, heraus. Legt ihn vorn hin und seine Gefährten hinter ihn.” Sie legten nämlich je zwei und drei in ein Grab.16

16.22 Vom Waschen der Schwerter

Als Muhammad zu seiner Familie zurückkehrte, gab er sein Schwert seiner Tochter Fatima und sagte: “Wasche das Blut ab, meine Tochter, bei Allah, es hat sich mir heute bewährt.” Ali gab ihr ebenfalls sein Schwert und sagte dasselbe. Muhammad sagte zu ihm: “Hast du auch tapfer gekämpft, so haben doch Sahl ibn Hunaif und Abu Dudjana nicht weniger tapfer gekämpft!”

16.23 Wie Muhammad den Feind verfolgte

Sonntag in der Frühe, am 16. Schawwal (10. Monat), machte der Ausrufer Muhammads bekannt, daß der Feind verfolgt werden sollte, aber nur die Kämpfer vom vorhergehenden Tag mitziehen sollten. Muhammad zog bis nach Hamra al-Asad, sechs Meilen weit von Medina entfernt, und setzte Ibn Umm Maktum über Medina. Hier blieb er Montag, Dienstag und Mittwoch. Dann kehrte er wieder nach Medina zurück.

16.24 Die Tötung des Abu 'Azza und des Mu'awiya ibn al-Mughira

Vor der Rückkehr nach Medina nahm Muhammad Mu'awiya ibn al-Mughira, den Großvater des Abd al-Malik ibn Marwan, durch dessen Mutter Aischa und Abu 'Azza al-Djumahi gefangen. Dieser wurde schon bei Badr gefangengenommen und von Muhammad begnadigt. Als er jetzt erneut um Gnade flehte, sagte Muhammad: “Nein, bei Allah, du sollst nicht in Mekka deine Wangen streicheln und sagen: ,Ich habe Muhammad zweimal überlistet.' Schlage ihm den Kopf ab, Zubair!” Zubair vollzog den Befehl. Mu'awiya ibn al-Mughira wurde von Zaid ibn Haritha und 'Ammar ibn Yasir erschlagen. Er hatte sich zu Uthman ibn 'Affan geflüchtet, welcher Muhammads Gnade für ihn erflehte. Muhammad begnadigte ihn unter der Bedingung, daß, wenn er nach drei Tagen noch in der Nähe gefunden werde, er sein Leben verwirkt habe. Er verbarg sich und blieb mehr als drei Tage. Da sandte Muhammad die beiden Genannten nach dem Ort, wo er sich versteckt hatte, und sie erschlugen ihn.

Der Tag von Uhud war ein Tag der Versuchung, des Unglücks und der Läuterung. Allah erprobte dabei die Gläubigen und machte die Heuchler bekannt, welche den Glauben auf ihrer Zunge trugen und im Herzen Unglauben verbargen. Es war ein Tag, an dem Allah manche, die seine Nähe genießen sollten, mit dem Märtyrertod ehrte.17

Abd al-Malik ibn Hischam berichtet nach al-Bakkai, der es von Muhammad ibn Ishaq al-Muttalabi gehört hat: “Zu den auf Uhud bezüglichen Offenbarungen gehören sechzig Verse von der Sure Al 'Imran (3. Sure), in welchen die Ereignisse des Tages geschildert und manche zurechtgewiesen werden.”

Insgesamt waren 70 von den Hilfsgenossen und Ausgewanderten als Märtyrer gefallen. Die Gesamtzahl der bei Uhud erschlagenen Götzendiener betrug 22 Mann.

16.25 Die Falle des 'Adal und al-Qara an der Quelle Radji'18 (Juli 625 n.Chr.)

Asim ibn Amr ibn Qatada hat mir berichtet: “Nach dem Treffen von Uhud kam eine Karawane von 'Adal und al-Qara (sie gehören zum Stamm Haun oder Hun ibn Khuzaima ibn Mudrika) zu Muhammad. Sie sagten ihm, der Islam habe bei ihnen Eingang gefunden. Er möchte eine Anzahl Gefährten mit ihnen schicken, um sie im Qur’an, in den Gesetzen und in den Lehren des Islam zu unterrichten. Muhammad sandte sechs Gefährten mit. Abd Allah ibn Tariq, ein Schutzgenosse der Banu Zafar, wurde zu ihrem Führer ernannt. Sie reisten mit der Karawane ab, bis sie nach der Quelle Radji' kamen, die den Hudhailiten im Hidjaz gehörte. Als sie hier im ersten Teil der Nacht eintrafen, rief die Karawane verräterischerweise die Hudhailiten herbei, und während sich die Gläubigen sorglos in ihrem Lager befanden, wurden sie von Männern mit gezückten Schwertern überfallen. Als jene jedoch nach ihren Waffen griffen, um sich zu verteidigen, schworen die Hudhailiten bei Allah, sie wollten sie nicht töten, sondern nur durch sie einen Vorteil bei den Mekkanern erlangen. Marthad, Khalid und Asim entgegneten aber: ,Wir machen mit Ungläubigen keinen Vertrag und nehmen kein Versprechen an.'

Er und seine beiden Gefährten kämpften, bis sie erschlagen wurden. Die Hudhailiten wollten dann Asims Haupt nehmen und es an Sulafa, Tochter des Sa'd ibn Schuhaid, verkaufen. Diese hatte nämlich gelobt, daß, wenn sie Asims Haupt in ihre Gewalt bekämen, so würde sie aus seinem Schädel Wein trinken, weil er bei Uhud ihre beiden Söhne getötet hatte. Da ihn aber ein Bienenschwarm umgab, sagten sie: ,Wir warten bis zum Abend, wenn die Bienen weggeflogen sind und nehmen ihn dann ab.' Allah aber nahm ihn zu sich, weil er, Asim, gelobt hatte, sich von keinem Gottlosen berühren zu lassen.

Zaid, Khubaib und Abd Allah jedoch, die schwach waren und am Leben hingen, ergaben sich und wurden als Gefangene nach Mekka geführt, um dort verkauft zu werden. Als sie aber nach Zahran kamen, befreite Abd Allah seine Hand aus den Banden und griff nach seinem Schwert. Die Leute wichen zurück und warfen mit Steinen nach ihm, bis er tot war. Man begrub ihn in Zahran. Zaid und Khubaib wurden nach Mekka gebracht. Hudjair ibn Abi Ihab, der Tamimite, kaufte Khubaib, um an ihm Rache für seinen Vater zu nehmen. Zaid wurde von Safwan ibn Umaiyya gekauft, der durch ihn seinen Vater Umaiyya ibn Khalaf rächen wollte. Safwan sandte ihn mit seinem Freigelassenen Nistas nach Tamim, außerhalb des heiligen Gebietes, um ihn dort töten zu lassen. Dort versammelten sich mehrere Quraischiten, unter ihnen befand sich auch Abu Sufyan ibn Harb. Dieser sagte zu Zaid: ,Ich beschwöre dich bei Allah, wäre es dir lieb, wenn du bei deiner Familie wärest und Muhammad hier an deiner Stelle getötet würde?' Zaid antwortete: ‘Bei Allah, es wäre mir nicht einmal lieb, wenn Muhammad, da wo er weilt, von einem Dorn gestochen würde, und sollte ich dafür wieder bei meiner Familie weilen dürfen.'

Nistas tötete Zaid alsdann. Khubaib wurde nach Tan'im (eine Ortschaft bei Mekka) geführt, wo man ihn kreuzigte. Zuvor bat er, daß man ihm gestatte, ein Gebet mit zwei Knieverbeugungen zu verrichten. Als man es ihm erlaubte, betete er nach vollständiger Weise. Dann sagte er: ‘Fürchtete ich nicht, ihr glaubtet, ich verlängere mein Gebet aus Furcht vor dem Tode, so hätte ich noch mehr gebetet.' Man hob ihn dann auf einen Galgen und band ihn fest. Dann rief er: ,Allah! Die Botschaft deines Gesandten ist zu uns gelangt. Laß die Kunde von dem, was uns widerfahren ist, zu ihm gelangen! Allah! Zähle sie, laß sie vereinzelt sterben! Keiner von ihnen entgehe seiner Strafe!' Hierauf wurde er getötet.”*

* Dieser gekreuzigte Moslem betete nicht für seine Feinde wie Jesus oder Stephanus, sondern verfluchte sie, und zwar jeden einzeln.

16.26 Der Überfall am Brunnen Ma'una19 (Juli 625 n.Chr.)

Muhammad blieb die übrigen Tage von Schawwal (10. Monat) und die Monate Dhu al-Qa'da (11. Monat) und Dhu al-Hidjdja (12. Monat) in Medina. Er überließ die Pilgerfahrt den Ungläubigen. Das Pilgerfahrtzeremoniell in Mekka wurde damals von den Ungläubigen verrichtet. Im Safar (2. Monat) – es war am Anfang des vierten Monats nach dem Treffen von Uhud – fand der Überfall am Brunnen Ma'una statt. Er trug sich folgendermaßen zu: Abu Bara Aamir ibn Malik ibn Dja'far mit dem Beinamen Mulaib al-Asinna besuchte Muhammad in Medina. Muhammad trug ihm die Lehre des Islam vor und forderte ihn zur Bekehrung auf. Abu Bara nahm zwar den Islam nicht an, zeigte sich jedoch auch nicht abgeneigt. Er bat Muhammad, einen seiner Gefährten nach Nadjd zu schicken. Dieser sollte die Bewohner der Provinz zum Islam aufrufen. Abu Bara hoffte, daß sie dem Aufrufe folgen würden. Als Muhammad erwiderte, er traue den Bewohnern von Nadjd nicht, antwortete Abu Bara, er werde die Abgesandten schützen. Muhammad möge sie nur ausschicken, um den Islam zu predigen. Muhammad sandte al-Mundhsir ibn Amr, einen Bruder der Banu Sa'ida, der auf diese Weise mit vierzig vorzüglichen Gläubigen dem Tode entgegenging. Die Abordnung kam bis zum Brunnen Ma'una, der fast genau in der Mitte zwischen dem Land der Banu Amir und der Ebene der Banu Sulaim liegt. Als die Gläubigen sich dort niedergelassen hatten, sandten sie Haram ibn Milhan mit dem Schreiben Muhammads zu Amir ibn Tufail, dem Feind Allahs. Dieser las nicht einmal das Schreiben, sondern fiel alsbald über Haram her und tötete ihn. Dann rief er die Banu Amir zusammen. Sie folgten jedoch seiner Aufforderung zum Überfall auf die Moslems nicht. Sie wollten Abu Bara nicht verraten, der ihnen Schutz versprochen hatte. Hierauf rief Amir die Stämme von Sulaim vom Zweige Usaija, Ri'l und Dhakwan zusammen. Sie schenkten ihm Gehör und folgten ihm. Sie rückten gegen die Moslems aus und umzingelten ihr Lager. Die Gläubigen griffen nach ihren Schwertern und kämpften, bis sie alle getötet worden waren. Nur Ka'b ibn Zaid, ein Bruder der Banu Nadjdjar, entkam. Man hatte versäumt, ihm den Todesstoß zu versetzen, da er anscheinend in den letzten Zügen lag. Er schleppte sich aber von den Toten weg und überlebte. Er fiel später als Märtyrer in der Grabenschlacht.

Amr ibn Umaiyya al-Damri und ein Hilfsgenosse von den Banu Amr ibn Auf befanden sich bei ihrer Herde. Sie merkten erst an den Geiern, die das Lager umschwärmten, daß etwas passiert sein mußte. Sie riefen: “Bei Allah, diese Vögel bedeuten etwas!” Als sie sich dem Ort näherten, sahen sie ihre Leute in ihrem Blut liegen. Die Reiter, die sie überfallen hatten, befanden sich noch in der Nähe. Da sagte der Hilfsgenosse zu Amr: “Was meinst du?” Amr antwortete: “Wir wollen zu Muhammad zurückkehren und ihm Nachricht bringen.” Der Hilfsgenosse erwiderte: “Ich will mein Leben nicht von einem Ort retten, an dem al-Mundhsir ibn Amr getötet worden ist. Ich will auch nicht, daß andere mir Kunde von seinem Tod bringen.” Er kämpfte dann, bis er getötet wurde. Amr ibn Umaiyya wurde gefangengenommen. Als Amir ibn Tufail hörte, daß er dem Stamm Mudhar angehörte, ließ er ihm das Haupthaar abscheren und schenkte ihm die Freiheit für den Preis eines Sklaven, der, wie man glaubt, seiner Mutter gehört hatte.

Amr begab sich nun nach Karkara. Auf dem Wege – vor Qanat (eine Ortschaft in der Nähe von Medina) – begegnete er zwei Männern von den Banu Amir, die sich neben ihm im Schatten niederließen. Amr fragte sie, zu welchem Stamm sie gehörten. Als er hörte, daß sie Amiriten seien, wartete er, bis sie schliefen. Da er nicht wußte, daß zwischen den Amiriten und Muhammad ein Schutz- und Bundesverhältnis bestand, tötete er sie im Schlaf und glaubte, damit für die gefallenen Gefährten Muhammads Rache genommen zu haben. Als Amr zu Muhammad kam und ihm das Vorgefallene berichtete, sagte Muhammad: “Du hast zwei Menschen erschlagen, deren Sühnegeld ich bezahlen werde.” Dann fügte er hinzu: “Dies ist das Werk Abu Baras. Ich habe diese Abordnung ungern ziehen lassen, denn ich war besorgt um sie.” Als Abu Bara von dem Überfall und dem Tod der Gläubigen hörte, war er sehr betrübt darüber, daß Amir ihn derart zuschanden gemacht und daß den Gefährten Muhammads ein so großes Unglück widerfahren war.

16.27 Die Verbannung des jüdischen Stammes der Banu Nadir aus Medina (August 625 n.Chr.)

Wie mir Jazid ibn Ruman berichtet hat, begab sich Muhammad daraufhin zu den Banu Nadir, um sie zu ersuchen, ebenfalls einen Teil des Sühnegeldes zu zahlen, das er den unter seinem Schutz stehenden Banu Amir für die beiden von Amr getöteten Männer zu entrichten hatte. Auch zwischen den Banu Nadir und den Banu Amir bestand damals ein Bundesverhältnis. Als Muhammad ihnen sein Anliegen mitgeteilt hatte, zeigten sie die größte Bereitwilligkeit, seinem Wunsche nachzukommen. Nachdem sie sich zur Beratung zurückgezogen hatten, sagten sie: “Wir werden nie mehr eine so gute Gelegenheit finden, um Muhammad zu töten” – er lehnte nämlich mit dem Rücken an der Mauer eines ihrer Häuser. “Wer geht auf das Dach des betreffenden Hauses und wirft einen schweren Stein auf ihn hinab, damit wir in Zukunft Ruhe vor ihm haben?” Da erhob sich der Jude Amr ibn Djihasch und sagte: “Ich bin dazu bereit!” Er stieg auf das Dach, um einen großen Steinbrocken auf Muhammad zu werfen.

Muhammad wurde jedoch vom Himmel über dieses Vorhaben in Kenntnis gesetzt und entfernte sich. Er kehrte alsbald nach Medina zurück. Als seine Begleiter – unter ihnen Abu Bakr, Umar und Ali – lange auf ihn gewartet hatten, suchten sie ihn. Sie fragten einen aus Medina Kommenden nach ihm. Dieser sagte, er habe Muhammad gesehen, wie er in die Stadt gegangen sei. Sie kehrten nun ebenfalls nach Medina zurück. Muhammad erzählte den Gefährten, daß die Juden ihn hatten erschlagen wollen20 und gab den Befehl, sich zu einem Kriegszug gegen sie zu rüsten. Er brach dann auf und schlug sein Lager in ihrer Nähe auf.21

Damals setzte er Ibn Umm Maktum über Medina. Dies war auch die Zeit, als den Moslems das Weintrinken verboten wurde.22

Sechs Tage lang belagerte er die Banu Nadir. Dann zogen sie sich in ihre festen Burgen zurück. Muhammad ließ alle Dattelpalmen abhauen und verbrennen. Da riefen die Juden: “O Muhammad! Hast du nicht selbst verboten, Verderben anzurichten und den getadelt, der es tut? Wie kannst du diese Dattelpalmen abhauen und verbrennen lassen?” Unterdessen hatte eine Anzahl der Banu Auf eine Botschaft zu den Banu Nadir geschickt, die ihnen empfahlen: “Harrt aus und verteidigt euch! Wir werden euch nicht verlassen. Werdet ihr bekämpft, so kämpfen wir mit euch. Werdet ihr vertrieben, so wandern wir mit euch aus!”

Die Banu Auf zögerten jedoch, ihnen beizustehen, denn Allah hatte ihr Herz mit Schrecken erfüllt. Sie baten den Propheten, das Leben der Banu Nadir zu schonen und ihnen so viel von ihrer Habe – die Schutzpanzer ausgenommen – zu lassen, wie ein Kamel tragen konnte. Muhammad war damit einverstanden. Manche rissen ihr Haus ein, um die Türschwellen auf ihr Kamel zu laden.

Die einen zogen nach Khaybar, die anderen nach Syrien. Die Bewohner von Khaybar unterwarfen sich den Banu Nadir. Sie nahmen ihre Frauen, ihre Kinder und ihre Habe mit sich und wurden von Tympalen (Trommlern auf kleinen Pauken), Flötenspielern und Sängern begleitet, die musizierten.23

Unter den Ausziehenden befand sich auch Umm Amr, die Freundin des 'Urwa ibn al-Ward, die sie (die Banu Nadir) von ihm gekauft hatten. Sie war eine Frau von den Banu Ghifar und besaß eine Schönheit und Grazie, die zu jener Zeit bei keinem anderen Stamm zu finden war.

Die übrigen Güter überließen die Banu Nadir Muhammad selbst, der nach Belieben mit ihnen verfuhr. Er verteilte sie unter die ersten Auswanderer. Von den Hilfsgenossen wurden nur Sahl ibn Hunaif und Abu Dudjana Simak ibn Kharascha beschenkt, weil sie arm waren.24

Von den Banu Nadir bekehrten sich nur zwei Männer zum Islam: Yamin ibn 'Umayr ibn Ka'b und Abu Sa'd ibn Wahb, die dadurch ihre Habe retteten. Muhammad sagte zu Yamin: “Hast du gesehen, was mir dein Vetter angetan und was er mit mir vorhatte?” Yamin setzte dann eine Belohnung für seinen Tod aus. Wie man annimmt, ist Amr dann auch getötet worden.

Über diesen Feldzug erschien die Sure 59 al-Haschr, in der erwähnt wird, wie Allah die Banu Nadir bestrafte, Muhammad die Herrschaft über sie verlieh und wie gegen sie verfahren worden ist. Es heißt dort: “2 Er hat die Ungläubigen unter den Schriftbesitzern aus ihrer Heimat vertrieben, als erste Verbannung. Ihr glaubtet nicht, daß sie auswandern müßten. Sie glaubten, ihre Burgen würden sie gegen Allah schützen, aber Allah suchte sie von einer Seite heim, von der sie keine Ahnung hatten und warf Schrecken in ihre Herzen. Sie verwüsteten ihre Häuser mit ihren eigenen Händen. Nehmt eine Belehrung daraus, ihr Verständigen! 3 Hätte Allah nicht Verbannung über sie verhängt, so hätte er sie in dieser Welt (durch das Schwert) schwer gezüchtigt. In jener Welt wartet die Höllenpein auf sie. ... 5 Was ihr an Dattelpalmen abgehauen oder verschont habt, geschah nach Allahs Befehl zum Verderben der Ruchlosen. ... 7 Was Allah seinem Gesandten von den Bewohnern der Ortschaften als Beute gibt (d.h. was nicht durch einen Angriff der Gläubigen mit Pferden und Kamelen im Krieg erobert wird), gehört Allah und dem Gesandten, sowie seinen Verwandten, den Witwen, Waisen und Reisenden, damit es nicht nur den Reichen zufalle. Nehmt, was der Prophet euch gibt. Enthaltet euch von allem, was er euch verbietet! ...” (Sure al-Haschr 59,2-7)

16.28 Die Feldzüge gegen die Banu Ghatafan (Oktober 625 n.Chr.) und nach Dumat al-Djandal (August und September 626 n.Chr.)

Nach dem Feldzug gegen die Banu Nadir blieb Muhammad im Monat Rabi'a al-Akhir (4. Monat) und einen Teil des Monats Djumada al-Ula (5. Monat) in Medina. Dann zog er nach Nadjd gegen die Banu Muharib und Tha'laba vom Stamme Ghatafan. Er setzte Abu Dharr al-Ghifari bzw. Uthman ibn 'Affan über Medina und schlug sein Lager in Nakhl auf. Dort stieß Muhammad auf eine Schar der Ghatafan, doch kam es zu keinen Kampfhandlungen, weil man sich gegenseitig fürchtete. Muhammad verrichtete das Furchtgebet25 und zog wieder fort. Muhammad betete mit einer Abteilung ein Gebet mit zwei Kniebeugungen und sprach den Segensgruß, während die andere dem Feinde gegenüberstand. Dann kam letztere herbei, und er betete mit ihr mit zwei Kniebeugungen und grüßte wieder. Ghaurath, einer von den Banu Muharib, soll seine Leute, die Banu Muharib und Ghatafan, gefragt haben: “Soll ich Muhammad töten?” Sie antworteten: “Jawohl, doch wie willst du es anfangen?” Er entgegnete: “Ich werde ihn mit List überfallen.” Er ging hierauf zu Muhammad. Dieser saß da und hatte sein Schwert auf dem Schoß liegen, dessen Griff mit Silber verziert war. Ghaurath bat darum, das Schwert betrachten zu dürfen. Er zog es aus der Scheide, schwang es und wollte Muhammad töten. Aber Allah hielt ihn zurück. Ghaurath sagte dann zu Muhammad: “Fürchtest du dich nicht vor mir?” – “Nein, weshalb sollte ich dich fürchten?” – “Fürchtest du mich nicht, obwohl ich ein Schwert in der Hand habe?” – “Nein, Allah wird mich gegen dich schützen.” Alsbald gab er Muhammad das Schwert zurück.

Danach kehrte Muhammad nach Medina zurück, blieb in der Stadt bis der Pilgermonat (12. Monat) vorüber war und überließ den Ungläubigen die Pilgerfahrt. Es war das vierte Jahr seit seiner Ankunft in Medina. Im Monat Rabi'a al-Awwal (3. Monat des darauffolgenden Jahres, d.h. des Jahres 5 nach der Hidjra) zog er gegen Dumat al-Djandal26. Er setzte Siba ibn Ghurfuta al-Ghifari über Medina, kehrte aber wieder um, ehe er nach Dumat al-Djandal gelangt war. Einem Feind war er nicht begegnet. Muhammad blieb das ganze übrige Jahr in Medina.


Footnotes

1 "Uhud" ist ein Berg, der etwa 8 km nördlich von Medina liegt.

2 Aus dem Flug der Vögel und der Spur der Tiere haben die Wahrsager die Zukunft vorausgesagt.

Der Verfasser versucht, jede Spur eines Einflusses heidnischer Sitten und Gebräuche auf Muhammad zu leugnen, zumal einige Überlieferungen den Eindruck erwecken, Muhammad habe bisweilen als Wahrsager geredet und gehandelt.

3 Der doppelte Metallpanzer bot eine vermehrte Sicherheit. Jesus und seine Apostel trugen keine Panzer und traten ihren Feinden ohne Waffen entgegen. Die Waffenrüstung eines Christen ist geistlicher Natur (Epheser 6,11-17). Obwohl Jesus alle Macht besaß (vgl. Matthäus 28,18), auch über sein eigenes Leben (vgl. Johannes 10,18), trat er seinen Feinden wehrlos entgegen und sagte: “Ich bin's! Sucht ihr mich, so laßt diese gehen!” (Johannes 18,6.8).

4 Muhammad übergab sein sagenumwobenes Schwert einem tapferen Mann mit dem Befehl, so lange auf den Feind einzuschlagen, bis es sich verbiege. Er forderte ihn nicht zu einem geistlichen Kampf gegen die eigene Sünde auf, sondern spornte seinen Anhänger zur physischen Vernichtung seiner Feinde an und erwartete von ihm den Einsatz seines Lebens.

5 Die Leitworte Christi heißen: Umkehr, Vergebung, Glaube, Liebe und Hoffnung, aber niemals “Töte! Töte!” Der Geist Christi baut auf, der Geist Muhammads vernichtet.

6 Ali, der Stammvater der Schiiten, borgte sich den Namen “der alles Niederschmetternde” von den 99 schönsten Namen Allahs und bekannte sich damit zum Geist und zum Ziel des Islam.

7 Die fehlende Rückendeckung erlaubte den Reitern der Quraisch, die Moslems zu überrennen.

8 Jesus hat seinem am Kreuz vergossenen Blut eine geistliche Bedeutung gegeben und sagte: “Wer mein Blut trinkt und mein Fleisch ißt, hat ewiges Leben” (Johannes 6,54a). Er meinte damit das Brot und den Wein beim Heiligen Abendmahl, die als Zeichen seines geopferten Leibes gegessen und getrunken werden. Jesus starb als Lamm Gottes für die Sünde der Welt. Muhammad aber empfing seine Wunden im Kampf um Macht und Beute. Sein Blut hat keine rettende Kraft im letzten Gericht und kann keinen Moslem aus der Hölle befreien.

9 Utaib ist eine Verkleinerungsform – hier als Spott für 'Utba verwendet.

10 Muhammad forderte, daß sich fünf bis sieben seiner Nachfolger an seiner Stelle opferten. Jesus aber gab sein Leben als Lösegeld für viele. Hier tritt der antichristliche Geist des Islam besonders deutlich hervor. Muhammad opferte sich nicht für sein Volk.

11 Muhammad umfing den Sterbenden, der sich für ihn geopfert hatte, nicht mit seinen Armen, nein, er erlaubte ihm lediglich sein Haupt auf seinen Fuß zu stützen!

12 Diesen Feind hat Muhammad möglicherweise mit seiner magischen Kraft getötet.

13 Gemeint ist der Ort, wo er begraben werden sollte.

14 Für Männer, die Moslems waren, einen anderen Glauben annahmen und wieder Moslems werden wollen, gibt es häufig keine Gnade mehr.

15 Viele Moslems hoffen, wenn sie als Märtyrer im Heiligen Krieg sterben, sofort in die ewigen Gärten mit ihren Freuden und Wonnen versetzt zu werden.

16 Es gibt eine Tradition, die besagt: “Wer den Qur’an auswendig beherrscht, wird gerechtfertigt und kann darüber hinaus 40 seiner Familienangehörigen mit ins Paradies nehmen.”

17 Was für ein Irrtum! Gott begnadigt keinen Sünder, der andere tötet und dabei selbst umkommt Es gibt keine Gnade außer durch den Glauben an den stellvertretenden Sühnetod Jesu Christi. Jesu Blut ist die einzige Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.

18 "Radji'" liegt 15 km nördlich von Mekka.

19 "Bi'r Ma'una", der Brunnen Ma'una, liegt ca. 150 km südöstlich von Medina.

20 Diese unbewiesene Behauptung führte zum zweiten Bürgerkrieg in Medina und zur Verbannung der Banu Nadir.

21 Paulus befiehlt der Gemeinde: Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes, denn es steht geschrieben: ‘Die Rache ist mein, ich will vergelten,’ spricht der Herr” (Römer 12,19).

22 Das Weintrinken wurde nicht auf einmal verboten. Dieses Verbot erfolgte in zwei Etappen. Erst nachdem Muhammad von der Reife und Stärke seiner Anhänger überzeugt war, offenbarte er den abschließenden Vers (Sure al-Ma'ida 5,90-91). Die erste Anordnung kann in Sure al-Baqara 2,219 nachgelesen werden.

23 Die Juden zogen stolz wie Sieger mit Pauken und Trompeten aus ihren Burgen heraus.

24 Ob die Moslems einen Sieg erfochten oder eine Niederlage erlitten, die Juden in Medina mußten stets dafür büßen. Die ihnen weggenommene Habe machte die armen Flüchtlinge aus Mekka wohlhabend. Damit hatte Muhammad das Hauptziel seines Heiligen Krieges erreicht.

25 Das Furchtgebet (Salatu'l-khauf) ist ein freiwilliges Gebet, das der Moslem wie jedes rituelle Gebet verrichten kann, wenn er sich in Bedrängnis fühlt (meistens während einer Schlacht).

26 "Dumat al-Djandal" ist eine Oase im Norden Arabiens etwa 590 km nördlich von Medina. Es gehörte zum südlichsten Teil des Machtbereichs der Byzantiner. Dort lebte der christliche Stamm der Banu Kinda.