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B) Ober die Offenbarungen Muhammeds.

Muhammed gab vor, seine Offenbarungen3 durch den heiligen Geist (hebr.), den er als einen Engel4 auffaßt und in medinischen Suren auch Gabriel"

3 O. Pautz, Muhammeds Lehre von der Offenbarung, VI 304 S., Leipzig 1898, hat die Frage zwar sehr breitgetreten, aber keineswegs erschöpft, noch viel weniger gefördert.

4 Sur. 16, 104, 26, 193 f. Ibn Sa'd ed. I.1 p. 129. Im Gedichte des Ka'b ibn Malik His. 528,13 stehen und in Parallele.


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nennt,1 zu empfangen. Doch geschah dies nicht immer aufzählen dieselbe Weise. Ehe wir jedoch diese Weisen genauer aufzählen bemerken wir, daß die Muslime mit dem Worte Wahy 2 Offenbarung, nicht bloß den Qoran bezeichnen, sondern jede Inspiration des Propheten, jeden göttlichen Befehl an ihn, auch wenn dessen Worte nie als qoranisch verkündigt

3 Nur Sur. 2, 91,92, 66, 4. Dagegen spielt er im Hadit eine sehr große Rolle. Muhammed sprach wahrscheinlich (wie Ibu Katir liest), oder mehr nach arabischer Form da diese Wortgestalt (–-) in den Gedichten seiner Zeitgenossen am häufigsten ist; doch findet sich in einem Gedichte auf seinen Tod schon die dem Hebräischen genauer entsprechende Form (----) im Reim, in den Anmerkungen zu His. S. 219 lin. 5 dieselbe kommt außerhalb des Reimes in einem Gedichte aus der Zeit Mu'awiya's vor, Aghani ed. Bulaq Bd. XIlI, S. 167,27. Über die verschiedenen Aussprachen des Wortes handeln ausführlich Tabari, Tafsir 1. 328 f. und Baidawi zu Sur. 2,91. Auch Tulaiha hatte seinen Gabriel, Tabari I, 189, 13 Beladori 96. Die älteste Stelle für die Mittlerrolle dieses Engels ist Lukas I, 19, bezw. Daniel 8, 16, 9, 21. In dieser Gestalt stecken, wenn ich nicht irre, Zuge des babylonischen "Schreibergottes Nabu. - Ohne jeden Anhalt im Qoran ist die Meinung, daß Muhammed in den 3 ersten Jahren seiner Prophetie mit Seraphel (Israfil) zu tun gehabt habe, Tabari 1,1249,4 ff., 1255 10 ff. Itqan 104.

4 nur Sur. 11,39, 20, 113, 21, 46, 23, 27, 42, 50, 53, 4, aber das Verbum dazu ist sehr häufig. Der Sinn "göttliche Eingebung. Offenbarung" leitet sich am leichtesten her aus der im Altarabischen nicht selten zu belegenden Bedeutung, "Andeutungen machen Yaqut III, 520, 7, wonach auch Sur. 11, 39 = 23, 27 verstehen ist; Hamasa 616 u.), "einem zureden" c. pers. 'Alqama 13, 26. Moslim b. al-Walid ed. de Goeje No.15, 2; c. acc. pers. "Ermuntern zum Kampfe" Yaqut IV, 102, 14. Von der nämlichen Grundbedeutung aus wurde schon in vorislamischer Zeit auf die geheimnisvollen rätselhaften (Maidani ed. Freytag, Kap. 26 n. 90) Züge der Inschriften übertragen ('Antara 27, 2; Mu'allaqa Lebid 2; Zuhair 15, 5, 17, 3; Appendix 4, 1); vgl. unten S. 46; I. Goldziher, Muhammedanische Studien II, 7; S. Fraenkel, Aram. Fremdwörter S. 245. Von hier aus bekam us denn später auch die Bedeutung "scriptio" im technischen Sinn Tabari III, 2524. S.U. de Goeje im Glossar Lisan XX, 257, lin. 20f.


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worden sind 1. Die meisten der von ihnen aufgezählten Offenbarungsarten betreffen eben die nicht qoranische Offenbarung 2. Über die Einteilung derselben gibt es nun abweichende alte Traditionen, die man erst später vom dogmatischen Gesichtspunkt aus zu einem künstlichen System verband. Auf die Frage, in welcher Weise ihm die Offenbarungen gegeben würden, soll Muhammed der 'Aisa geantwortet haben, bald vernähme er ein Gedröhn wie von einer Glocke dies griffe ihn am meisten an; wenn aber der Engel sich entfernte, hätte er die Offenbarung empfangen; bald unterrede er sich mit dem Engel wie mit einem Menschen, so daß er seine Worte leicht verstände 3. Die Spätern aber, die noch einige andere Überlieferungen hinzunehmen, unterscheiden noch mehr Arten. Im Itqan 103 werden folgende aufgezählt: 1) Offenbarungen unter Glockenton, 2) durch Inspiration des heiligen Geistes in Muhammeds Herz, 3) durch Gabriel in Menschengestalt, 4) von Gott unmittelbar entweder im Wachen, wie bei der Himmelfahrt, oder im Traum. Hiermit stimmt ziemlich ein Schriftsteller, dem Sprenger (Life 154) folgt. Aber in Almawahib alladuniya 4 werden diese Stufen also aufgezählt: 1) Traum, 2) Inspiration Gabriels in des Propheten Herz, 3) Gabriel gleichend dem Dahya 5 b. Halifa Alkalbi, 4) Unter Glockengetön usw. 5) Gabriel in seiner

1 Vgl. Itq. 102. - Auch die Eingebungen des Musailima und Tulaiha werden als Wahy bezeichnet, Tabari I, 1917f.; Baihaqi ed. Schwally p. 33.

2 Itqan 104.

3 Muwatta' 70. Bh. Im Anfang; kit. bad 'al-halq § 5. Muslim II. 430 = Q. IX Nasar 106 = I, 147f. Kit. al-iftitah § 37. Ibn Sa'd ed. I, 1 p. 131f. Misk. 514, 522 Tirmidi II, 204 ( bab 5.) Vgl. Weil 44; Muir II 88; Sprenger, Leben I, S. 272, überhaupt S. 269-75.

4 Maqsad I.

5 oder Vgl. Dahabi [cod. Lugd. 325). Ibn Doreid ed. Wüstenf. 316 u. Nawawi ed. Wüstenf. 239; Cod. Spreng. 282. So haben auch gute Handschriften und indische Drucke (z. B. die Samail bab 1) oft


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wahren Gestalt, die er nur zweimal gezeigt hat, 6) Offenbarung im Himmel, wie die Anordnung der fünf täglichen Gebete 7) Gott persönlich, aber verhüllt 8) Gott unmittelbar ohne Schleier sich offenbarend. Andere sollen noch zwei andere Stufen hinzufügen, nämlich: 1) Gabriel in der Gestalt eines anderen Menschen1, 2) Gott persönlich im Traume sich zeigend.

Man sieht leicht, daß viele dieser Arten aus falsch erklärten Überlieferungen oder Qoranstellen entstanden sind. Dies geht schon daraus hervor, daß die Muslime von den frühesten Zeiten an sich darüber stritten, ob Muhammed Gott gesehen und von ihm persönlich Offenbarungen empfangen habe, oder nicht 2. 'Aisa soll die, welche jenes behaupteten, mit den Zeichen des höchsten Unwillens für gottlos erklärt haben 3. Dennoch erhielt sich diese Ansicht, die doch ganz gegen Muhammeds Auffassung und nur ans falscher Erklärung einiger Stellen in Sur. 81 und besonders Sur. 53 entstanden ist. Andere suchten die Schroffheit jener Ansicht zu mildern, und zogen aus Sur. 53, 11 den Schluß, der Propliet hätte Gott mit seinem Herzen ( oder ) gesehen 4.

Wie diese Art, so ist auch die zu streichen, in welcher Gabriel dem Muhammed in der Gestalt Dahyas erscheint 5. Denn obgleich einige Schriftsteller sagen, das sei öfter oder

1 Auch als Frau Tabari I,1262,6 ff. Tirm. manaqib und sogar als bissiger Kamelhengst, His. 191, 1, vgl. 258, 5.

2 Über die dogmatischen Fragen, die sich hieran knüpfen, vgl. Mawah. lad.; Misk. 493 (501 ).

3 Bh. u. Tirm. zu Sur.53;Bh.im § 35, 52); Muslim 1,127ff. = Q. II, 96ff.; L. zu Sur. 6,103. Vgl. Sprenger Life 122, Aum. 5.

4 Tirm. tafsir; Misk. 493 (501); Mawab. lad.; B. zu Sur. 53 11.

5 Vgl. hierüber Waq. 72 (Wellhausen 211); Ibn Sad ed. IV, 1 p. 184 f.; Bh. im s.v. am Ende (II,182), § 1; Muslim Q. IX, 338; Tab. L. u. Zam. zu Sur. 6, sf.; Ibn Hagar I no.2378; Usd al Ghaba II,130. Mehrere von diesen erwähnen, zu Gabriels Ehre, daß Dabya sehr schön gewesen sei (vgl. Sur. 19, 17 und oben 8.9).


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meistens 1 geschehen, so ist doch diese ganze Ansicht erst aus einem Ereignisse des Jahres 5 nach der Higra entsprungen, bei welchem das Heer den voraneilenden Dahya für den Gabriel hilt 2. ist ferner Stufe 6 aus der Erzählung über die Himmelfahrt, Stufe 5 aus einer andern Erklärung von Sur. 81 und 53 entstanden.

Dagegen sind uns viele Angaben über die 4 Stufe erhalten. Muhammed, erzählt man ward beim Empfange Offenbarung oft von einem schweren Anfall ergriffen, so daß ihm der Schaum vor den Mund trat, das Haupt niedersank, das Antlitz blaß oder glühend rot ward; er sehrie wie ein Kamelfüllen; der Schweiß troff dabei einst von ihm nieder, obgleich es winterliches Wetter war 3, usw. Dieser Anfall, von dem wir noch mehr Zeichen anführen könnten, wird von Buhari 4 und Waqidi 322 ein schweres Fieber genannt; Weil (S. 42ff.) aber hat zuerst bewiesen, daß Muhammed an einer Art Epilepsie litt, was schon die Byzantiner behauptet hatten 5 , während es einige Neuere leugneten 6. Da aber zu

1 Zam. Zu Sur. 6, 9.

2 Vgl. His. 685 u. Weil Anm. 251 u. vgl. oben S. 23 Anm. 5.

3 Muwatta 70; His. 736 Waq. 322 Ibn Sa'd ed. I 1 p. 13lf.; Bh. Anfang, passim, kit. al-tafsir zu Sur. 74; Muslim I, 672f., II, 117, 631 (=Q. V. 185 k. al-hagg., VII, 211, X, 229);Nasai 106=I, 147f.; Misk 211, 514=219 bab fasl 2 Ende, 522; Mabani Kap. IV usw. Vgl. Weil Anm. 48 und im Journ. As. July 1842 p. 108ff.; Spr. Life 112, Spr. Leben I, 208 ff. 269-286 hält M. für einen Hysteriker.

4 Im hadit al-ifk (kit. al-sahadat § 15 kit. al-maghazi § 36.

5 Theophanes I, 512 (Corpus Script Byzant. 28), Leo Grammaticus Corpus Bd. XXXI, S. 153 Constantinos Porphyrogennetos III, 91 (Corpus Bd. V) Goergios Hamartolos ed. Muralt, S. 592 ; Zonaras III, 214 (Corpus Bd. XXX); Michael Glycas Corpus Bd. S. 514; epileptica: Canisii Thesaurus ed. Basnage, Amstelodami 1725, Bd. IV 440. Vgl. außerdem Verlegung des Alcoran Bruder Richardi Prediger Ordens Verdeutscht durch Dr. Mar(tin) Lu(ther) Wittenburg MDXLII. Kap. XI; Hottinger Bibl. or. 14 Sqq.; Marracci zu Sur. 74,1 usw Diese Ansicht, welche man gegen die Prophetenwürde Muhammeds geltend machte, scheint unter den orientalischen Christen sehr verbreitet gewesen zu sein.

6 Ockley, hist. of the Saracens I,300; Sale zu Sur. 73; Gagnier I,91.


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den Symptomen der eigentlichen Epilepsie die Aussehaltung des Erinnerungsvermögens gehört, wird eber von psychogenen Erregungszuständen (Rob. Sommer) zu reden sein. Hieran soll er schon von früher Jugend an gelitten haben 1. Da die mit diesen und ähnlichen Krankheiten Behafteten von den Arabern, wie von allen alten Völkern, für 2 besessen gehalten wurden, so scheint Muhammed, der anfangs denselben Glauben hegte, später in diesen Anfällen gerade eine besondere Einwirkung des einen und wahren Gottes gesehen zu haben Wahrscheinlich trafen ihn jene Anfälle öfter, seitdem er als Prophet aufgetreten war, besonders in der ersten Zeit in der sein Geist wild erregt war; doch traten sie auch nach der Flucht noch zuweilen ein 3. Wenn er so, während er in tiefem Nachdenken war, plötzlich von der Ohnmacht ergriffen ward da glaubte er, daß eine göttliche Kraft in ihn führe; aber, wie wir oben sahen, die Offenbarung ward ihm erst deutlich, wenn ihn der Engel verließ 4, d. h. wenn er nach der gewaltigen Aufregung zu klarem Bewußtsein kam. Diese Anfälle welche gewiß durch die geistige Erregtheit in der er sich oft befand, besonders begünstigt wurden, trafen ihn nach der Erzählung der Muslime, sowohl bei der Offenbarung Caussin im Journ As. 1839, VII, S. 138 Die Frage hat übrigens nicht im entferntesten die Wichtigkeit, welche ihr gewöhnlich beigemessen wird.

1 Vgl. die Stellen, die unten bei Sur. 94 angeführt werden. Ein solcher Anfall scheint auch in dem von His. 117, 1 13-17 (vgl. die Anmerkung dazu; Buhari, kit. al-salat § 8; Ibn Sa'd ed. I, 1, p.93; Azraqi 105 o.107 u.; Muslim I, 217 Q II, 407f. (kit.-al-haid) erzählten Ereignis zu liegen, dem freilich die Muslime eine andere Wendung geben. Auf diese Überlieferungen ist aber kein Verlaß. Manches spricht dafür, daß jene Anfälle den Propheten erst nach seiner religiösen Erweckung heimsuchten. Vgl. auch M.J. de Goeje, Die Berufung Muhammeds, "in Orientalische Studien, Thedor Nöldeke zum 70. Geburtstag gewidmet", Grießen 1906, I, S 5.

2 Alte Anschauungen über Epilepsie als heilige Krankheit bei Littré Oeuvres d'Hippocrate VI, 352ff.

3 Hierher gehört z. B. die Ohnmacht während der Schlacht bei Badr: His.444; Tabari I, 1321; Waq.65; Aghani IV, 27; vgl. Weil 157.

4 oder Die Stellen S 22 Anm 3.


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barung von Qoranstellen1, wie bei göttlicher Entscheidung über andere Dinge2.

Aus diesem krankhaft bewegten Körper- und Geisteszustande sind die Visionen und Träume nine zu erklären, die ihn über die menschlichen Verhältnisse emporhoben. Am bekanntesten ist hiervon die Nachtreise oder die Himmelfahrt die, wie wir unten beweisen werden, ein Traum war. Daß die Nachrichten über diese Seelenbewegungen im allgemeinen richtig sind, davon zeugen am besten die phantastischen wilden Qoranstücke, die Muhammed vorzüglich in den ersten Jahren seiner Prophetie von sich gab.

Wir dürfen dabei nicht außer acht lassen, daß ein großer Teil dieser Offenbarungen in der Nacht entstanden zu sein scheint3, wahrend welcher der Geist für phantastische und Gemütseindrücke weit empfänglicher ist, als beim Tageslicht. Wir wissen ja sicher, daß Muhammed in früherer Zeit sehr oft die Nacht wachend mit Andachtsübungen hinbrachte (, Sur. 17, 81) und veil fastete; durch Fasten aber wird das Visionsvermögen sehr erhöht (Ev. Matth. 4, 2; Apocal. Esdrae, Anfang), wie die neuere Physiologie (Joh. Müller) erkannt hat.

Aber freilich wird schon ein flüchtiger Leser leicht einsehen, daß nicht der ganze Qoran so im höchsten Grade der Ekstase entstanden sein kann. In mannigfachen Abstufungen kommt der Geist von jener bis zum einfachen angestrengten Nachsinnen. Überhaupt konnte Muhammed in der heftigen Erregung nicht ganze Teile des Qorans, sondern nur einzelne Worte und Gedanken zu vernehmen glauben. Für die historische

1 Vgl. z. B. die Tradition 'Omar's: F. und Tirm. tafsir zu Sur. 23 Anfang; Zam. am Ende von) Sur. 23.

2 Vgl. z. B. die Tradition Ya'1a's bel Bh. im (III, 45) § 2 Ende (III. 145) = § 10 (1, 202); Misk. 522 (530): auch Mibani IV.

1 Sicher ist dies z. B. von Sur. 73, 1 ff., wahrscheinlich von Sur. 74,1 ff. usw. Itq.45 behauptet. dur größte Teil des Qorans sei am Tage geoffenbart.


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Forschung ist ein selbständiger Qoranabschnitt aus diesem Grunde nicht Offenbarung schlechthin, sondern die literarische Form, in welcher der Prophet den Inhalt einer ibm zuteil gewordenen Offenbarung ausgeprägt hat. Naturgemaß war die Stärke des prophetischen Rausches von bestimmendem Einfluß auf den Stil des Schriftstellers. Als jene ungeheure Erregbarkeit mit der Zeit abnahm, wurden die Suren daher immer ruhiger. Anfangs bewegt sie noch eine gewisse poetische Kraft, später werden sie immer mehr zu bloßen Aussprüchen eines Lehrers und Gesetzgebers. Wenn er heirbei die Form, Gott selbst redend einzuführen stets beibehielt, so ist das nicht leere Phrase, sondern wahrhaftiger Ausdruck seiner Überzeugung. Die Art der Offenbarung, in welcher "der Engel ungesehen sein Herz inspiriert", ist die häufigste im Qoran, wenn auch die Muslime damit weniger den Qoran, als die anderen Offenbarungen bezeichnen wollen.

Nun vermutet aber Weil1, daß Muhammed einige Offenbarungen geradezu von einem Menschen erhalten habe, der sein Spiel mit ihm trieb. Er meint, die Verse, in denen Muhammed angeredet wird, ließen sich kaum anders erklären, wenigsten in der früheren Zeit. Dazu hält er die Angabe, daß Gabriel dem Dahya ähnlich gewesen sein soll. Aber diese Ansicht ist durchaus nicht zu billigen. Daß Muhammed von Gott angeredet wird, streitet durchaus nicht mit der ganzen Weise seiner prophetischen Rede, am wenigsten in der früheren Zeit, in der er oft genug Engel erblickt haben mag. In den spätern Suren behielt er diese wie andere Formen schon aus Gewohnheit bei. Nun sind aber die meisten Stellen, durch die Weil seine Ansicht zu beweisen sucht, aus ziemlich spätern Suren. Muhammed hätte also den Betrug bis kurz vor der Higra gar nicht gemerkt! Wie sollen wir uns überhaupt denken, daß ein Reformator - denn als solcher wäre doch der eigentliche Urheber jener Verse anzusehen - statt selbst aufzutreten, einen leicht zu betrügenden Menschen aufgesucht

1 Anm. 598 und K. 57 ff., 2. Aufl. 66ff.


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hätte, um ihn durch Täuschungen, die der Wahrheit ihren Wert nehmen würden, zur Verkündigung seiner Lehren zu bewegen? Wenn Weil nun meint jene Verse ließen sich nicht mit der Wahrhaftigkeit vereinigen, von der Muhammed anfangs durchdrungen gewesen sei so entsteht das Dilemma: entweder hat der unbekannte Verfasser nur jene Verse gemacht, die an und für sich bedeutungslos sind, oder auch andere, die, wenn sie von ihm sind, ebenso wahr erscheinen müssen, wie wenn sie von Muhammed selbst stammen; also entsteht bei einer soichen Auffassung derselbe Konflikt. Ganz unpassend ist hier endlich die Herbeiziehung Dahya's. Denn dieser Mann, der durchaus keine hervorragende Rolle spielt, war nur zufällig zu der Ehre gekommen als dem Gabriel ähnlich angesehen zu werden1; er war sogar noch längere Zeit nach der Higra ein Heide, der als Kaufmann umherwanderte2, also früher in keiner engeren Beziehung zu Muhammed gestanden haben kann.

Auch Sprenger (Leben II, 2 348-390) gibt 3 sich viele Mühe, zu beweisen, daß "wenigstens noch eine Person hinter den Kulissen tätig war" (S. 366) oder im "Komplotte" mit ihm stand (S. 362), und ist am meisten geneigt. Bahira für diesen Mentor des Propheten und Verfasser der Suhuf zu halten; aber seine Argumente können nicht überzeugen 4.

Überhaupt ist es unwahrscheinlich daß ein überlegener und selbstbewußter Geist wie Muhammed derartig in Abhängigkeit von einem Zeitgenossen geraten sei. Am wenigsten darf ein betrügerisches Einverständnis angenommen werden. So viel Fehler er auch besessen hat, sein Lebenund sein Werk haben die Aufrichtigkeit seiner Verkündigung zur unbedingten Voraussetzung (s. oben S. 6).

1 Siehe oben S. 23f.

2 Siehe unten bei Sur. 62.

3 Vgl. auch Sprenger, Muhammed und der Qoran, eine psychologische Studie, Hamburg 1889 S.58, und schon früher ZDMG. XII 1858) 238ff. und dagegen Th. Nöldeke a.a.O. S. 699ff.

4 Vgl. auch Hartwig-Hirschfeld, New Reseraches etc. London 1902 S. 22.


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Die Länge der einzelnen Offenbarungen ist sehr verschieden. Die Traditionell schwanken über diesen Punkt, wie über so viele andere, sehr stark. Einige behaupten, der Prophet habe den Qoran in einzelnen Buchstaben und Versen erhalten, mit Ausnahme von Sur. 9 und 12. die ihm je auf einmal zugekommen seien 1. Nach andern sollen jedesmal ein oder zwei Verse1, nach anderen ein bis fünf oder noch mehr 3, nach andern fünf bis zehn oder mehr oder weniger4, nach andern endlich immer fünf5 geoffenbart sein. Dazu kommt noch, daß es von manchen Suren heißt sie seien auf einmal vom Himmel herabgekommen, z B. von Sure (6 6) und anderen7. Am ungenauesten drückt sich darüber Alkalbi aus8

Um diese leicht noch zu vermehrenden Widersprüche, aus denen man sehen kann wie wenig in diesen Dingen auf die Tradition zu geben ist, abzuschließen will ich die Worte des Abu 'Ilait al-Samarqandi zu Sur. 6 hierhersetzen:

Also alle Verse zugleich geoffentbart und doch zwei anderswo als die übrigen!

Wenn wir nun aber den Qoran unbefangen lesen, so werden wir erkennen, daß immer mehrere Verse zusammenhängen, daß oft die Zahl der unzweifelhaft zusammen geoffenbarten reichlich groß ist, und daß selbst viele Suren - nicht bloß die ganz kleinen, die wohl niemand zerreißen möchte,

1 Zam. Und B. zu Sur. 9 am Ende.

2 L. zu Sur. 2, 181.

3 Itq. 98.

4 Ebend.

5 Itq. 99.

6 L. u. B. zu Sur. 6 am Ende; Cod. Lugd. 674 (ein masorethisches Buch aus dem Ende des 5. Jahrhunderts). Hamis ed. Cair. 1283 p. 12. Itq. 19. Aber diese Tradition wird Itq. 84f. für unzuverlässig erklärt.

7 Itq. 84f.

8 Im cod. Spr. 404, einem fragmentarischen Qoran-Kommentar.


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sondern auch ziemlich lange, wie z. B. Sur 12 - auf einmal entstanden sein müssen. Einzelne Suren sind wohl disponiert und haben nicht nur einen ordentlichen Eingang, sondern selbst einen gehörigen Schluß. Im ganzen ist jedoch die Redeweise des Qorans sehr springend, so daß der Zusammenhang nicht immer klar zutage liegt und man leicht in Gefahr kommt, Zusammengehöriges zu trennen. Freilich dürfen wir aber nicht leugnen, daß auch manche Offenbarungen sehr kurz waren. Die einzelne Untersuchung muß hier aus der genauesten Beobachtung des Zusammenhanges den ursprünglichen Zustand wieder zu erkennen suchen. Die falsche Ansicht der Muslime über die ursprüngliche Kürze der Offenbarungen kann aus verschiedenen Ursachen entstanden sein. Man wußte, daß manche (besonders medinische) Gesetze sehr kurz gewesen waren, und schloß darans auf die übringen; man hatte oft von eng zusammenhängenden Versen verschiedene Traditionen über die Veranlassung und mußte sie sich so als ursprünglich getrennt denken; man hörte wohl auch größere Stücke durch einzelne Verse (etwa den Anfangsvers) bezeichnen und verstand dies nun falsch so, als wäre nur von jenen einzelnen Versen die Rede. Endlich mag zu jener Ansicht noch der Glaube beigetragen haben. Muhammed habe alle Qoranverse während der epileptischen Zufälle erhalten, da man sich diese doch nicht als lange anhaltend denken durfte1.

Übrigens hat Muhammed öfter Qoranstellen, die zu verschiedenen Zeiten entstanden sind, zusammengesetzt oder ineinandergefügt. Bei einigen Stellen ist dies sehr deutlich, bei andern können wir es vermuten, an andern endlich mag es uns ganz verborgen bleiben. Denn wer wollte sich getrauen, Verse, die in Zeit und Sprache nur wenig, verschieden sind, immer zu trennen, nachdem sie der Verfasser verschieden hat?

Eine einzelne, für sich bestehende Offenbarung nannte Muhammed Sura oder Qoran. Jenes Wort (neunmal, in mekkanischen wie medinischen Stücken: 2. 21, 9, 65, 87, 125, 128.

1 Vgl. Spr. Life 152. Anm. 4.


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11, 16, 10, 39, 24, 1, 47, 22), zu dessen Erklärung die Muslime sich viele vergebliche Mühe gegeben haben1, ist noch immer in seinem Ursprunge nicht sicher erkannt. Man hat an Entlehnung aus hebr. 2 "Reihe" (von Personen [z. B. Mischna Sanhedrin 4, 4] und Gegenständen) gedacht, von wo aus Sura leicht als "Zeile aus dem himmlischen Buche" gedeutet werden könnte; aber die Bedeutung "Linie in Büchern und Briefen, Zeile", ist nur für das jüngere Neuhebräisch zu belegen. Auch darf man schwerlich an die Wendung "Richtschnur"3, erinnern oder gar in sura eine Entstellung 4 von hebr. sidra sehen. Aber die Bedeutung "Lektionsabschnitt" als Synonym von paßt nicht schlecht.

5 oder, mit Erweichung des Hamza, 6 bedeutet

1 Man leitet es entweder von der Wurzel ab und erklärt es als Erhabenheit, Stufe, (eine Bedeutung, die übringens dem Worte durch mehrere Belegstellen aus alten Dichtern gesichert ist; vgl. das häufigere ), indem nämlich eine immer noch erhabener sein soll, als die andere; oder man läßt es von abstammen, indem man das Hamza für erweicht erklärt, während andere wirklich sprechen sollen. Dann soll es bedeuten Tabari in der Einleitung zum Tafsir (ed. Cair. I, 34f.). Vgl. L. zu Sur. 24,1 Zam. u. B. zu Sur. 2, 21; Ibn 'Atiya; Alqurtubi 25 r.; Sihah und Qamus s.v.; Itq. 121. Man beachte aber wohl, daß Worte aus dieser Wurzel in keiner semitischen Sprache einen "Teil" überhaupt bedeuten, sondern nur den übrig bleibenden.

2 Die Etymologie ist dunkel. Mit "Mauer" hat es nichts zu tun. Vgl. auch S. Frankel, Aram. Fremdwörter S. 237f.

3 Paul de Lagarde, in Nachrichten Königl. Ges. d. Wiss Göttingen 1889, S. 296-298.

4 Hartwig Hirschfeld, New Researches, 5. 2, Anm. 6.

5 So schon G. Sale, The Koran, Preliminary Discourse, sect. III.

6 So sprach wahrscheinlich Muhammed selbst aus, da die Higaziten die Erweichung des Hamza liebten (siehe unten). So heißt es bei Hassan b. Tabit (his. 526) (---) und His. 713, l = Dwan p.45,9) So las Ibn Katir


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nicht nur einen einzelnen Abschnitt der Offenbarung1 sondern, wie das jüdische Miqra auch mehrere oder alle zusammen 1. Diese Bedeutung ward nachher allein herrschend, indem man so die von Muhammeds Nachfolgen veranstaltete Sammlung der Offenbarungen nannte 3. Der Form nach stimmt es genau überein mit einem gebräuchlichen Infinitiv 4 von nach dem nicht seltenen Typus fu'lan Damit ist aber weder die Frage nach seinem ursprtünglischen Wortsinne entschieden, da der Sprachgebrauch von etwas verworren ist, noch die Frage nach der wirklichen Entstehung des Wortes, da noch eine andere Möglichkeit erwogen worden muß.

heißt im Qorane "vortragen", "rezitieren" (Sur. 16 100, 17 95, 69, 95, 69,19, 73, 20, 87, 6), aus einem Texte oder frei aus dem Gedächtnis (ZDMG. X, 4f.; Itq 254f.; Sprenger Life 96, n. 2; Leben I, 298-463, III p. XXII) sonst auch "diktieren" an einen

im Qoran und daher findet sich in alten kufischen Handschriften wohl (d. i. Quran , nicht Qur'an). Übringens hat Ka'b b. Zubair His. 891, 13. Vgl auch Karl Vollers, Volkssprache und Schriftsprache im alten Arabien, Straßburg 1908, S 91, überhaupt S. 83-97.

1 Z. B. Sur. 72, 1, 10,62.

2 Z B. Sur. 15,87, 17,84, 25, 31 so viel wie das "himmlische Buch".

3 Es sei hier noch bemerkt, daß einige Muslime, nicht von "lesen", sondern, wahrscheinlich verleitet durch Sur. 75, 15 von der Bedeutung "vereinigen, sammeln" ableiten (vgl. so daß es das die einzelnen Verbindende bedeuten soll. Dies war die Ansicht Qatada's (Ibn 'Atrya) und Abu Ubaida's Sihah s.v.) Vgl. Tabari in der Einleitung zum Tafsir (ed.Cair. I 31f.) Lisan al-Arab. I. 124; Itq. 118f. Vgl. auch Ibn Qotaiba, Liber Poësis er Poëtarum, ed. de Goeje (Leiden 1904) p.26, 4, 5.

4 Sur. 17, 80, 75, 17f. So ein Dichter bei Ibn Qutaiba ed. Wüsetenf. 99 (nach 'Iqd, Cap. u. Ibn at-Atir, Kamil III. 151 ist es Hassan b. Tabit (mit Lobpreisen und Qoran- reciteren), Tabari I, 2196, 17 (I 3083 u. im Diwan fehlt der Vers), mehr Beispiele im Sihah und Qamus, Ibn 'Atiya. Alqurtubi, a. a. O., Mabani III.


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Schreiber1. Mehrmals heißt es in Traditionen, Muhammed habe etwas gesagt und wo nur vom auswendigen Rezitieren von Qoranstellen die Rede sein kann. Der Sprachgebrauch Muslim I, 80 (= Qast. I, 449) wo nur von einem gewöhnlichen Ausspruche geredet wird, ist vereinzelt, die Übertragung des Terminus für gedächtnismäßiges Hersagen von Qoranstellen auf Hadithe erklärt sich aber sehr leicht. Da nun ein Kulturwort wie "lesen" nicht ursemitisch sein kann, so dürfen wir annehmen, daß es in Arabien eingewandert ist, und zwar wahrscheinlich aus dem Norden, erscheint ja im Hebräischen und Aramäischen die ursprüngliche Bedeutung "rufen" noch ganz lebendig. Das Arabische kennt dieselbe nicht. Zwar liegt in den bekannten Phrasen 2 und 3 diese Bedeutung unversehrt vor, aber die enge Verbindung, in der hier mit dem aramäischen Grußworte (hebr. steht 4, erregt Zweifel, ob nicht die ganze Phrase entlehunt ist, wenn sich dieselbe auch im älteren Aramäisch noch nicht nachweisen läßt. Falls Sure 96, 1 wirklich mit Predige! zu übersetzen wäre, müßte das ähnlich beurteilt werden5. Da nun das Syrische neben dem Verbum das Nomen qeryana hat, und zwar in der doppelten Bedeutung

1 Z.B. Ibn Sa'd ed. III, 2 p.59, 15, 60,20

2 Bh. kit. al-Iman § 19; bad' aI.halq § 5, i; Aghani I, 15 lin. 18; Hatim Tej ed. Schultheß p. 15; Hamasa 604 v.2.

3 Muwatta 175,3 v.u.; Waq. 189,2 v.u.; Tirm. Tafsir zu Sure 3, 163 und oft. Der türkische Qamus erklährt die Redensart durch "er überbrachte jemand mündlich einen Gruß".

4 I. Goldziher, ZDMG. 46, S.22 f. hat bewiesen, daß der Salam-Gruß schon lange vor dem Islam bekannt war. Aber ursemitisch kann,er unmöglich sein. Das im Qoran vorhandene fremde Sprachgut beruht ebenfalls zum Teil auf alter Entlehnung. Muhammed selbst wird dem nur sehr wenig neues hinzugefügt haben.

5 Ausführlicheres siehe unten zur Stelle. Vgl. noch C. Snouck Hurgronje, Rev. Hist. Relig. tom. 30 p. 62, 155, Mekka, Bd. II, 225 Anm.


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und so gewinnt, im Zusammenhange mit dem eben Erörterten, die Vermutung an Wahrscheinlichkeit, daß der Terminus Qoran nicht eine innerarabische Entwicklung ans dem gleichbedeutenden Infinitive ist sondern eine Entlehnung aus jenem syrischen Worte unter gleichzeitiger Angleichung an den Typus fu'lan.

bedeutet nicht eigentlich ein Buch selbst sondern bezeichnet als Abstraktum die Offenbarung und wird daher sowohl für die Inspirationen Muhammeds (Sur. 3 2, 25,1 2,181), wie die anderer Propheten, Arons und Moses. (Sur. 2, 50, 21, 49) gebraucht1

Der Stil des Qorans ist je nach den Zeiten der Abfassung sehr verschieden, so daß wir besser unten bei der Behandlung der einzelnen Perioden davon reden. Denn während einzelne ältere Teile wild aufgeregt oder ruhig erhaben sind, finden wir in andern eine sehr gewöhnliche, breite, fast ganz prosaische

1 Das Wort stammt, wie das äthiopische ferqan, von dem aramäischen vgl. A. Geiger a.a.0. S. 55,f. Siegmund Fränkel de vocabulis in antiquis Arabum carminibus et in Corano peregrinis, Dissert. Lugdun. Bat. 1880, S. 23 Fr. Schwallv in ZDMG. 1898. 134f. Durch dasselbe wird einerseits im Targum hebr. wiedergegeben, andererseits neutestamentl. griechisches (z. B. Luc. 21, 28; Röm 3, 21; Ephes. 1,7; Col. 1 14; Hebr. 9, 15), (z. B. LUC. 1 69; Apoc. 7, 10, 12, 10. In letzterem Sinne gebraucht Muhammed das Wort zweimal im Sura 8 V. 29. 42). Die Bedeutung "Offenbarung" ist im Aramäischen nicht nachgewiesen. Es ist daher möglich, daß sie sich erst auf arabischem Sprachgebiete gebildet hat. Falls man nicht ein bloßes Mißverständnis M's annehmen will, wäre zu erwägen. ob dieser Bedeutungsübergang nicht in einer Gemeinschaft vor sich gegangen ist, in welcher die Hoffnung auf eine Befreiung oder Erlösung das ganze religiöse Denken beherrschte, d.h. in erster Linie und am wahrscheinlichsten unter Christen, in zweiter Linie in messianisch gerichteten jüdischen Kreisen. - 'Ali b. abu Talib His 518, 7):

Auch über die Ableitung dieses Wortes findet sich bei den Muslimen viel Falsches. Vgl. Tabari, tafsir I, 32 f.; Bh. zu Sur. 24, 1, die Lexika usw.


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Sprache. Deshalb beschränken sich ihre gemeinsamen Merkmale im wesentlichen darauf, daß - mit ganz geringen Ausnahmen - Gott immer selbst redend eingeführt wird, und daß sich überall eine gewisse rhetorische Farbe zeigt. Denn das müssen wir vor allem festhalten, daß der Qoran weit mehr rhetorisch, als poetisch ist. Wenn auch auf die Erzählungen, durch welche die Muslime die Unbekanntschaft ihres Propheten mit der heidnischen Dichtkunst zu beweisen suchen, wenig Gewicht zu legen ist1, da sie nur ein Ausfluß der Qoranworte (Sura 69, 41) sind, so war doch seine ganze geistige Anlage weit mehr auf das Didaktische und Rhetorische gerichtet, als auf das rein Dichterische. Daher kam es denn, daß er zu einer Zeit, wo die größten arabischen Dichter, ein Schanfara, Nabigha al-Dubvani, A'scha usw - bluhten oder eben gestorben waren, wo fast Jedermann mit Leichtigkeit einen gefälligen Vers machen konnte einen Hassan b. Tabit allen anderen Dichtern vorzog und die Gedichte des Umaiya b. Abi'l-Salt bewunderte2, obgleich in ihnen erborgte Anschauungen3 und rhetorischer Wortprunk4 die Stelle wahrer Poesie vertreten. Muhammed

1 Vgl. His. 882: Aghani XX, 2; Ibn Sad ed. IV, I, p. 161, 25f.

2 Vgl. Muslim II. 399 f.=Q. IX, 100ff. ; Misk. 401 409 ; Samail bab 37; Aghani III, 190f.; Bh. kit. al-adab. § 90.

3 Vgl. seinen Vers über die, welche Gottes Thron tragen:
[so lies für ] Ibn Hagar I. p.261. Aghani III, 190,19; Damiri (Cairo 1309) II, 154 (s.v. 'Iqd. ed. 1305 III, 96 und Qazwini ed. Wüstenf. I, 56 allein steht Qazw. mit der Lesung worin wir ohne Zweifel eine Anspielung auf Ezech. 1, 10 und besonders Apok. 4, 7 zu sehen haben.

4 Vgl. z. B die Trauerlieder bei His. 531 ff. und die anderen Fragmente seiner Gedichte Aghani III, 186-192, XVI, 71ff.; Hizanat al-adab I, 118ff; Gamhara 106f.; Ibn Qotaiba ed. de Goeje 279-282; Prairies d'or I, 136-142. Die anderen Stellen findet man jetzt in dem oben S.19 zitierten Aufsatz von Schultheß, der auch über den Inhalt


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selbst scheint nur ein einziges Mal in seinem Leben unwillkürlich ein Verspaar der einfachsten Gattung gemacht1 und nur selten Verse im Munde geführt haben 2

Muhammed wurde aber trotzdem von seinen Gegnern als "Dichter" bezeichnet. Dies beweist. daß die Form, in denen er seine Offenbarungen vorbrachte der sogen. Sag' noch als poetische Form empfunden wurde, obwohl die Dichter schon längst eine streng nach Reim und Metrum gebundene Diktion befolgten 3. Der Sag' besteht nämlich darin, daß die Rede in kurze Glieder zerfällt, von denen immer zwei oder mehrere aufeinander reimen, jedoch so, daß die Endsilben der einzelnen Glieder nicht nach den feinen Regeln des Versendes, sondern denen der gewöhnlichen Pausa (Waqf) ausgesprochen werden und einen viel freieren Versreim (Qafiya) haben 4 Dieser

der Fragmente, namentlich den theologischen, und die historischen Beziehungen gehandelt hat. Was den Propheten anzog war die fast muslimische Gedankenwelt des Mannes.

1 Das oft (z. B. Bh. kit. al-maghazi § 55; Tabari I 1662 und im Tafsir zu Sur. 9,15, ed. Cair. N. 64. Waqidi 273, 19; Miskat 417 bab al-mufahara fasl. 1; Hamis ed. Cair. II 103 Abschnitt über die Schlacht von Hunain usw.) zitierte Ragaz:

2 Vgl. Bh. Muslim u. Samail an den S. 36 Amn. 2 zitierten Stellen.

3 Vgl. I. Goldziher, Abhandlungen zur arabischen Philologie I. 57-83 (Leiden 1896).

4 Die Hauptsache der Pausa und des Prosareims ist die Unterdrückung der kurzen Endvokale, sowie des Tanwin's und die Aussprache des als a. Die künstlichen Aussprachen mit halben Vokalen, welche man "Raum" (nicht Rum, wie de Sacy ausspricht, da es die einfache Infinitivform ist; vgl. das Sihah und die Schreibweise guter Handschriften, wie cod. Peterm. I, 159, cod. Lugd. Gol. 46) u Ismam nennt, sind zwar schon von Sibawaih (ed Bulaq 131S II. 282) besprochen, jedoch ist es zweifelhaft, ob sie aus dem Leben oder bloß aus den Schulen hervorgegangen sind. Vgl. über sie die masorethischen Werke, wie die Gazariya mit ihren Kommentaren (z. B. cod. Vindob. A. F. 377 c. = Flügel 1636 A. F. 309b. = Flügel 1630); das große Werk Ibn Algazari's cod. Peterm. I,159; cod. Sprenger 382; cod. Goth. Möller 65; Itq. 210 usw. Die Gesetze der Pausa sind genauer entwickelt in Sibawah ed.Bulaq II, 277-291; Zamahsaris Mufassal ed. Broch p. 160ff.; Ibn Malik


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Redeweise, die in den Aussprüchen der alten Wahrsager (Kuhhan) herrschte, bediente sich auch Muhammed, jedoch mit manchen Veränderungen Denn er kehrte sich nicht an die Regel, den einzelnen Gliedern ungefähr gleiche Länge zu geben, dehnte die Verse in den spätern Suren immer mehr aus und wandte endlich den Reim sehr frei an, so daß die Muslim nicht mit Unrecht den Qoranreim von dem der Reimprosa unterscheiden1. Da jener Reim für die Verbesserung einiger Stellen, für die richtige Verseinteilung, die Erkenntnis des Zusammenhanges größerer Stellen und die Ausscheidung versetzter Verse von großer Bedeutung ist wenn man ihn genau, aber vorsichtig, beachtet, so wird es erlaubt sein, hier etwas näher auf ihn einzugehen. Muhammed wendet alle Freiheiten an, die überhaupt beim Prosareim vorkommen, und vermehrt sie noch; er laßt , das am Ende eines Verses auszusprechen ist, mitunter ganz verschweigen2 unterdrückt das schließende oder der Verba, die auf oder ausgehen3, verlängert das des Nasb im Nemen und Verbum zu a, wie im Versreim4, und

cap. 69; cod. Goth. 65, fol. 25 r.; Itq. 209ff. Vgl. auch die Angaben in Ewalds arab. Grammatik I, 373f., II, 335f.; W. Wright, Grammar II. 368-373.

1 Ibn Haldun - Muqaddima Cap. Vi § 45; Itq. 693 f. Allgemein wird es verboten, den Reim des Qorans zu nennen, weil dieser kein ebend. S. 695; dagegen ist es eine Streitfrage, ob man von seiner Form im weitern Sinne gebrauchen dürfe.

2 Sur. 58, 2 (Versende?); 90 6; 74, 33 usw. Zuweilen (Wright, Grammer II. 369 B) kommt dies auch im Versreim vor, z. B. bei Labid:


3 (Diwan ed. Brockelmann XXI, 4) für

4 Sur. 55 26, 44, 54; 75 27 usw. Dies ist übrigens auch in der gewöhnlichen Pausa nicht selten und in manchen Mundarten allgemein üblich. Kühner ist Sur. 75 26 die Unterdrückung von aber doch auch nicht unerhört. Vgl. hierüber Sibawaih II 289f.; Mufassal p.161 f.

5 Sur. 33 4, 10, 49, 66; 84, 14; 74, 15. Zam. drückt dies zu Sur. 33, 10 so aus, hier werde ein in der Fasila hinzugefügt, wie sonst in der Qafiya.


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unterdrückt das der ersten Person ganz1 oder verwandelt es, was gleichfalls im Versreim häufig ist, in 2 Aber er geht noch weiter, indem er ähnliche Konsonanten, besonders und , etwas seltner und usw ohne Unterschied aufeinander reimen läßt; ja in spätern Suren dehnt er dies auf wesentlich verschiedene Konsonanten aus, so daß der Reim zur bloßen Assonanz wird 3. Dagegen ist der Wechsel von Vokalen, soweit er nicht auch im Verse erlaubt ist (wie der von u und i und der der kurzen Vokale 4 vor einem Konsonanten) höchst selten. Was die Anordnung der Reime betrifft, so findet sich zuweilen ein reimloser Vers zwischen 5 oder nach 6 den gereimten. Oft aber wird der Reim auch bei Suren, in denen er ziemlich frei ist, in längeren Stellen mit größerer Strenge gehandhabt 7. Die Araber pflegten

1 Sur. 13, 32 usw. Dies erlaubt das Mufassal (163) auch für die gewöhnliche Pausa, und es findet sich bisweilen auch bei Dichtern, z. B. Hamasa 362, für bei Labid:

(für die Gedichte des Lebid, aus dem Nachlasse des Dr. A. Huber herausgegeben von Carl Brockelmann Leiden l89l. Nr. XXXIX. I); bei al'a 'sa:

(im Mufassal zitiert für )

2 Sur. 69, 19f. 25f. 2sf. so auch Sur 101, 7. Auch dies ist im Prosa- und Versreim erlaubt.

3 Einzeln schon in frühern Suren, wie Sur. 106, 1,2,3 .(der eigentlich mit schließt). Im Ragaz wenigstens finden sich auch vereinzelte Fälle von Reim bei nicht ganz gleichen Konsonanten s. Talqib al-qawafi in Wrights opuscula arabica 57). Gar nicht selten ist es dagegen auch in der ausgebildeten Qasida der Fall, daß einzeln i für das in der eigentlichen Reimsilbe herrschende u stet, oder u für i.

4 Vgl. z. B. Sur. 54; Talqib al-qawafi 55f.

5 So Sur. 70, 10 (wo der frühere Reim noch einmal wiederkehrt); Sur. 82, 6 (wo der spätere Reim schon einmal vorher auftritt); Sur 80, 32.

6 So in Sur. 53; 82; 93; 96.

4 Z. B. ist in Sur. 18 der Reim a , aber von Vers 66-82) (außer in V. 78 u. 80) mit einem vokallosen Konsonanten davor.


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in der höhern Prosa1 , im Gegensatz zur eigentlichen Poesie den Reim nach wenigen der kurzen Redeglieder zu ändern; dies geschieht auch im Qoran häufig, besonders in den ältesten Suren2; in den meisten jedoch läuft er durch viele oder alle besonders wo diese länger sind. Die Masse der Reime im Qoran geht aus auf un, in, im, ad, ar usw., überhaupt auf eine geschlossene Silbe mit langem Vokal. Durchgängiger Reim auf a ( bezw. ) findet sich weit seltener und beschränkt sich vornehmlich auf mekkanische Suren (17; 18; 19; 20; 25; 53; 71,5ff.; 72; 73; 76; 78; 79; 80; 87; 91; 92; 93; 99), von medinischen Suren haben ihn nur 33; 48; 65. In fast ebenso viel Suren (16), und zwar mit Ausnahme von 47 lauter mekkanischen (37, 4-11. 54; 74 passim. 75, 7-13; 81, 1-18; 82, 1-5; 84 passim. 86; 90, 1-5; 93,9-11; 94; 96, 1-5; 108; 111; 112; 113), besteht der Reim aus geschlossener Silbe mit kurzem Vokal, z. B. ib, kum, hum, ar, ir, ur usw. Seltner ist der Reim auf a 69,1-24; 75,1ff. 14ff.; 79,6-14; 80, 11ff. 38ff.; 88,1-5. 8-16; 101; 104 (alle altmekkan.) 98 (medin.). Ganz vereinzelt ist am Versende die mit Doppelkonsonanz schließende Silbe (97; 103 mekkanisch) und geschlossene Silbe mit Diphthong (106 mekkanisch), die man auch zu der vorhergehenden Kategorie rechnen könnte. Der Gegenstand verdiente eine besondere Untersuchung. Aber schon diese kurze Statistik, bei der ich alle innerhalb der Suren sporadisch auftretenden Reime übergangen habe, ist sehr lehrreich für die mit der Zeit mehr und mehr zunehmende Einförmigkeit des Surenstils. Von den aufgezählten Reimarten ist in Medina Nr. 2 nur noch 3 mal zu belegen, Nr. 3 und 4 je 1 mal, Nr. 5 und 6 gar nicht mehr. In den spaätern mekkanischen und den medinischen Suren herrschen nur noch zwei durch grammatische Endungen und häufige Worte 3 leicht zu bildende Reime, der auf un, in, um.

1 Ähnlich in dem noch nicht recht als betrachteten kurzgliedrigen Ragaz.

2 Bisweilen kehrt ein früherer Reim später wieder; z. B. in Sur. 80 der Reim Vgl.jetzt K. Vollers a. a. [oben S. 32] O. S.32-80.

3 Wie usw.; usw.


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im und der auf a mit einem folgenden Konsonanten. Selten wird eine Sura mit durchgehendem Reim durch ein paar anders gereimte Verse unterbrochen 1. Die Nachlässigkeit im Gebrauch des Reims wird immer fühlbarer, je weniger er zu dem prosaischen Ton der spätern Stücke paßt; und wir müssen ihn besonders in Gesetzen und ähnlichen Stücken als eine lästige Fessel betrachten, die nicht einmal die Rede schmückt. Die Einwirkung des Reimes auf die Redeweise des Qorans ist übrigens nicht ohne Bedeutung. Um des Reimes willen wird bisweilen die gewöhnliche Gestalt der Wörter 2 und selbst der Sinn verändert. Wenn z. B. in der 55 Sura von zwei himmlischen Gärten (v. 46) die Rede ist, mit je zwei Quellen (v.50) und zwei Arten von Früchten (52) und noch von zwei anderen ähnlichen Gärten (v. 62), so sieht man deutlich, daß hier die Duale dem Reime zu Liebe gebraucht sind; ebenso würde Sur. 69, 17 schwerlich die seltsame Zahl von acht Gottes Thron tragenden Engeln gewählt sein, wenn nicht zum Reime paßte. Endlich kommt noch hinzu der eigentümliche Einfluß jeder poetischen Form (Metrurn, Reim, Strophen usw.) auf die Ordnung der Konstruktion 3 und des Ideenganges 4. Von nicht geringerer Wichtigkeit

1 Wie Sur. 55 16f 43.

2 So steht Sur. 37,120 für Sur. 95, 2 für (oder, wie einige lesen, um die unarabische Form vermeiden ). Diese Formen haben den Muslimen viel Kopfzerbrechen gekostet.

3 Z.B. stet Sur. 2, 81 das letze Wort für das durch den Parallelismus geforderte des Reimes wegen. Aus demselben Grunde wird ein Verbum finitum so oft durch mit Partizipium oder mit Genitiv umschrieben. Diesen Einfluß erkannten auch manche Muslime an, und Sams-addin ibn Assaigh stellte hierüber in seinem Buche feine, im Itq. 699ff. angeführte Beobachtungen an. in denen er freilich bisweilen zu weit ging.

4 Außer dem Qoran scheint Muhammed das selten angewandt zu haben, besonders in Gebeten, wie in dem öfter augeführten


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die Wirkung, welche der Reim auf die Komposition des Qorans ausgeübt hat. Das wird bei der später zu behandelnden Analyse der Suren deutlich werden. Einstweilen sind hier nur die prinzipiellen Gesichtspunkte hervorzuheben. Reimgleichheit kann niemals als Beweis für die Einheit einer Sure dienen, sondern ist nur als Bestätigung eines aus inneren Gründen gewonnenen Resultates zuzulassen. Denn man hat immer mit der Möglichkeit zu rechnen, daß disparate Stücke gleichen Reimes erst nachträglich, entweder durch Muhammed selbst oder eine spätere Redaktion, zusammengeschoben worden sind. Zuweilen mag der Prophet auch die für eine schon vorhandene Offenbarung bestimmte Ergänzung absichtlich im Reime jener Vorlage abgefaßt haben.

Die Muslime haben sehr verschiedene Ansichten über den Reim des Qorans (Itq. 697 ff.): einige erkennen an, daß der Reim im ganzen Qoran gebraucht wird andre dagegen leugnen dies rundweg, denn sie halten solche Ungenauigkeiten, solche Ungleichförmigkeit der Glieder schon des gewöhnlichen Sag', geschweige des göttlichen Buches, für unwürdig; eine dritte Partei endlich sucht durch die Ansicht zu vermitteln, im Qoran wechselten, wie in der rhetorischen Prosa der Araber, gereimte mit nicht gereimten Stücken ab. Daher machen einige zwar nach jedem Verse eine Pause und behaupten, auch der Prophet habe dies getan 2; die meisten aber kümmern sich bei der

1 Bh. kit. al-jihad § 96. Tirm. ibid. § 28. Andre Gebete dieser Art siehe Muwatta 164; His. 756 f.; Misk. kit. al-masagid, fasl 3 § 7, 8 kit. al-witr fasl 2 § 8; Ibn Sa'd ed. I, IV, p.14 ff. usw. In seinen Predigten soll er diese Redeform gänzlich vermieden haben, Misk. 28 (36 kit. al-'i1m 3 § 4. Ein angeblicher Ausspruch des Propheten im Sag ist überliefert Bh kit. al-adab § 6

(vgl. Qastalleni IX, 6f.), in etwas anderer Anordnung Bh. kit. al-riqaq § 22. Vgl. auch I. Goldziher, Abhandlungen z. arab. Philologie I. 68.

2 Samail § 44 ; Tirm. § 17;


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Bestimmung der Pausen bloß um die syntaktische Gliederung und sprechen daher da, wo die rhetorische mit jener nicht zusammenfällt, die Schlußwörter der Verse wie mitten in der Rede aus, so daß der Reim verdeckt wird.

In drei Suren finden wir einen Refrain: in Sur. 54 (v. 15, 17, 22, 32, 40, 51 - v.16, 18, 21, 30, 37, 39) Sur. 55, in der er bis zum Überdruß häufig wiederkehrt (nämlich von v.12 an 3l mal die Worte ) und Sur. 57 v.21, 29 - V. 11.17 - v.15. 26.27. Einzelne Verse werden aber refrainartig in manchen Suren mehrmals wiederholt, besonders in den Prophetengeschichten, die sich zum Teil untereinander sehr ähnlich sind.1

Wortspiele, welche bei den alten arabischen Dichtern zwar lange nicht so häufig sind, wie bei den spätern, die den ersten Reiz ihrer Dichtungen in sie setzen, aber doch auch nicht ganz fehlen 2, kommen mitunter auch im Qoran

Misk. fasl 2 § 8; Cod. Lugd. 653 Warn. zu Sur. 79. Daß Muhammed so ausgesprochen hat, läßt sich nicht bestreiten; aber auf eine solche Tradition ist freilich wenig zu geben, da man weiß, wie die spätern Lehrer ihre Ansichten auf Muhammed zurückzuführen suchten. Auch Tirm. traut dieser Überlieferung nicht .

1 Z B. in Sur. 19 (v.15,34-75, 98); 37 (v.110, 121); 26 (v.7 f, 67f, 103f, 121f, 139f, 158f, 174f, 190f.); 7 (v. 64, 76f,usw); 56 (v. 73, 96).

2 Vgl. in Assanfara's Lamiya V.4: bei Labid and (His. 941,10): und 1, 13 = Diwan ed. Chalidi p. 17. 19); bei Hansa (Diwan Beyrut 1888 S. 24, 4, ähnlich S 32, 8, 37,15): Gegensatz von und bei Basama, dem Oheim Zuhair's: (im Albuhturi's Hamasa Cap. 9 und - ohne Namen des Dichters - Itq. 302, dagegen Mufaddaliyat ed. Thorbecke S. 11, 2 Imru'ulqais Ahlwardt No.52 v.58 (S. 154). His. 519.: sehr viele Wortspiele in alten Sprichwörtern usw. Einige von den hier erwähnten kommen auch im Qoran vor und scheinen im gewöhnlichen Volksgebrauch gewesen za sein. Siehe Sur. 21, 90 ; 2, 181 u. vgl. Sur. 65,7; 92, 7,10).


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vor1. Dies ist auch der Aufmerksamkeit der Muslime nicht entgangen2 Ein solches Wortspiel teilt wohl einen Vers in mehrere kleinere Glieder, z. B. Sur. 10, 62 Sur. 71, 5 usw 3.

Vor einigen Jahren hat D. H. Müller 4 den Versuch gemacht, im Qorane Strophenbau nachzuweisen, und zwar an den Suren 7; 11; 15; 19; 26; 28; 36; 44; 51; 54; 56; 69; 75; 80; 90; 92. Seiner Hypothese am günstigsten sind Sure 56 und 26. Um uns ein Urteil zu bilden genügt es deshalb, den Bau dieser Suren zu untersuchen. In Sure 56 werden nach einer kurzen Einleitung (v.1-9) die drei Klassen beschrieben in welche die Menschheit am jüngsten Tage zerfallen soll, sabiqun v. 10-23 (14 Verse), die Leute der Rechten v. 24-39 (16 Verse), die Leute der Linken

1 Außer den erwähnten vgl. (Sur. 104, 1, cf. Abu Zaid. Nawadir 76, 14: (Sur. 27,45); Sur. 12, 81; 12,19: 30,42; 24,37; 56, 88; 55,54). Hierhin gehört auch die Zusammenstellung ähnlich klingender, zum Teil erst diesem Gleichklang zu Liebe veränderter Namen, wie und (Sur. 2, 96); und (Sur. 18, 23; 21, 96; cf. Imru'ulqais bei Ahlwardt p.204 n. 25, 4; und (Sur. 2,250ff.).

2 Ahmed ibn Faris (* a. H. 395), kit. al-itba' wal-muzawaga ed. R. Brünnow in "Orientalische Studien, Theodor Nöldeke zum 70. Geburtstage gewidmet". Gießen 1906 I, 225-248; Suyuti, Muzhir ed. Bulaq 1282, I. 199-201 Cap). Ta'alibi. Cairo 1317. S. 303 , S.314f. Der letztere sagt mit Recht, daß diese Redefigur in der vorislamischen Poesie selten, später über außerordentlich häufig geworden ist. Die Sache ist einer monographischen, Behandlung wert. M. Grünert, Die Alliteration im Altarabischen (Verhandlungen des 7. Orientalistenkongresses Wien 1886, S.183-237), gibt war eine große Masse (224) von Beispielen, aber dieselben stammen fast ausschließlich aus stilistischen Werken, nicht aus Quellen erster Hand.

3 Noch künstlicher wird dieser Fall zuweilen in der Poesie ausgebildet. z. B. Diwan der Hudailiten 15, v. 2ff.

4 Die Propheten in ihrer ursprünglichen Form, die Grundgesetze der ursemitischen Poesie erschlossen und nachgewiesen in Bibel, Keilinschriften und Koran und in ihren Wirkungen erkannt in den Chören der griechischen Tragödie, Wien 1896, Bd. I, 20-60.211f.


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v.40-56 (17 Verse); die Einleitung v.57 führt dann hinüber zu drei Fragen an die Menschen über ihr Verhältnis zum Säen v.58-62 (5 Verse), Pflügen v.63-66 (4 Verse), Wasser v.67-69 und Feuer v. 70-72. wobei je der erste und zweite Vers das gleiche Anfangswort hat bezw.. In Sure 26 werden die Einleitung (v.1-6) und jeder der 7 folgenden Abschnitte über Propheten der Vergangenheit v. 9-66 (58 Verse), v. 69-102 (34 Verse), v. 105-120 (16 Verse), v.123-138 (16 Verse), v. 141-157 (17 Verse), v.160-173 (14 Verse), v.176-189 (14 Verse) - durch den nämlichen, zwei Verse einnehmenden, Refrain abgeschlossen. Außerdem haben je die ersten Verse der 5 letzten Abschnitte (von v.105 an), abgesehen von den Namen, einen ganz gleichen Wortlaut. Es ist nicht zu leugnen, daß in beiden Suren eine kunstvolle, literarische Arbeit vorliegt, mit sorgfältiger Disposition, mit geschickter Benutzung rhetorischer Stilformen und mit bewußter Abmessung des Umfanges der einzelnen Abschnitte. Andererseits ist aber in der Gestaltung so große Ungleichmäßigkeit, so viel Freiheit und Willkür vorhanden, daß von einem Strophenbau im technischen Sinne des Wortes keine Rede sein kann.

Die Offenbarungen sind nun, heißt es, auf folgende Weise niedergeschrieben 1:

oder . Daneben behauptet man aber, die Einteilung in Suren sei erst eingeführt, als die Worte geoffenbart seien 2, die freilich von einigen für die frühste Offenbarung gehalten werden 3. Aber die Angabe, die einzelnen Teile des Qorans seien. sobald sie

1 Tirm. 502 (II,134 tafsir F. Zam. B. zu Hur. 9; Misk. 196 (194 fada'il al-quran Ende); Alqurtubi I. 23r.; Mabani III; Itq. 141; in dem Texte der Tradition finden sich einige unerhebliche Varianten.

2 Misk. 185 (193 fada-'il ,fasl 3 § 2; Wahidi in der Einleitung p.6; Mab. III; Itq. 184f. (Mehrere Traditionen des Sa'id b. Gubair nach Ibn 'Abbas und des Ibn Mas'ud.

3 Wab. a.a.0. Beides ist falsch; siehe unten.


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niedergeschrieben, zwischen zwei Bretter oder Buchdeckel zusammengelegt, jedoch oft daraus hervorgenommen und abgeschrieben worden 1, erinnere ich mich nicht bei einem guten alten Schriftsteller gefunden zu haben. Wie wir unten wahrscheinlichen machen werden, ist sie wohl für eine schi'itische Erfindung zu halten. Auch die Tradition Muhammed habe jedem einzelnen Verse gleich nach der Offenbarung einen bestimmten Platz angewiesen 2, kann - wenn er vielleicht auch mitunter Zusätze zu gewissen Suren gemacht hat - nicht historisch sein. Sie ist vielmehr aus dem Aberglauben entstanden, daß die heutige Ordnung des Qorans, der Verse sowohl, wie der Suren, wirklich himmlischen Ursprungs wäre und daher von Muhammed selbst genau kopiert sein müßte, sowie aus der falschen Ansicht, daß die einzelnen Offenbarungen ganz kurz waren und erst später in ihren Zusammenhang gebracht wurden. Die Ungereimtheit dieser ganzen Angabe hat schon Well dargetan 3. Ob Muhammed alle Offenbarungen aus dem himmlischen Buche von vornherein niederschreiben 4 ließ, ist zweifelhaft. In den ersten Jauren seines Auftretens, wo er fast gar keine Anhänger hatte, mögen manche von ihm selbst vergessen sein, ehe Fremde davon erfuhren andere können seine Gefährten bloß im Gedächtnis aufbewahrt haben, da mehrfach tradiert wird. daß er seinen Genossen Qoranstellen so lange vorsagte, bis sie sie auswendig wußten. Trotzdem ist es wahrscheinlich, daß er schon mehrere Jahre vor der Flucht Suren - aber ganze Suren, nicht etwa einzelne Verse, wie die Muslime erzählen - einem Schreiber zu diktieren pflegte 5. Denn als

1 Kazem Beg im Journ. As. Déc. 1843, 375f.; vgl. Sale prelim. disc. Sect. 3. Bh. fada'il al-quran § 16. Kazem Beg folgt in seinem Aufsatze fast nur neuern schi'itischen Schriftstellern ohne die nötige Kritik.

2 Itq. 142.

3 S. 361 u. Anm. 569.

4 Näheres hierüber in dem Abschnitte I, 2, B.

5 Dagegen haben wir in der Tradition, Muhammed habe dem Schreiber auch genaue kalligraphische Vorschriften gegeben (Not. Et extr. S. I 357), nur die Erfindung eines für die schöne in äußere Gestalt des Qorans besorgten Schreibgelehrten zu sehen.


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'Omar den Islam annahm, gab es, wenn den Nachrichten über dieses Ereignis zu trauen ist 1, schon geschriebene Qoranstellen. Zum Beweise, daß es schon im Jahre 2 der Higra geschriebene Suren gegeben hat, könnte man sich auf Hassan b. Tabit berufen, der in einem Gedicht 2 auf die Schlacht bei Badr sagt, die frühere Wohnstätte Zainab's sei wie hatt al-wahy auf glattem Pergamente Leider ist nicht ganz sicher, ob dieser Ausdruck "Offenbarungsschrift" bedeutet, oder überhaupt rätselhafte, verwischte Schrift 3, mit der die arabischen Dichter gern die Spuren verlassener Ansiedelungen vergleichen.

Wenn die Muslime die von ihnen auswendig gelernten Suren niederschrieben, so stellten sie wohl Abschnitte, die aus derselben Zeit waren und denselben Reim hatten, öfter zusammen. Hieraus würde es sich gut erklären. daß die einzelnen Teile der großen medinischen Suren, die nicht ganz auf einmal entstanden sein können, doch größenteils dem gleichen Zeitraum angehören.

Wenn Muhammed so die Qoranstellen zum Auswendiglernen oder Niederschreiben vortrug, mag er oft während des Vortrags selbst ihnen erst die definitive Form gegeben haben. Dies geht deutlich ans folgender Geschichte hervor, welche die meisten Kommentare 4 zu Sur. 6, 93 mitteilen: Als Muhammed einst dem 'Abd-allah b. Abi Sarh, den er öfter als Qoranschreiber 5 benutzte, den Anfang von Sur. 23 diktiert.

1 Siehe unten bei Sur. 20.

2 Diw. ed. Tunis p. 10, 12; His. 454.

3 Vgl. die Stellen bei Th. Nöldeke zu Labid's Murallaqa in Sitzungsberichte Akad. Wien 1900 Bd. CXLII Abhandl. V. S. 65. His. 702, 11; Yaqut IV, 422, 18; Lisan al-Arab. II. 19 v.1. V. 229 v.I, IX. 46 v. 1; oben S. 21, Anm. 6.

4 Z. B. Zam. Bh. Baghahwi; Zam. auch zu Sur. 23, 14.

5 Dieser Mann ist zu 'Otman, Mu'awiya. Ubai b. Ka'b. Zaid b. Tabit hinzuzufügen, welche als bezeichnet werden (Sprenger, Leben III, p. XXXI). Manche andere, die man als Muhammeds Schreiber nennt (Tabari I, 1782; Usds. s.v. Nawawi ed. Wüstenf. 37; Mém d. l'Acad. des Inscr. L, 332, Anm.; Not. et extr. 8, I. 357; Weil Anm.552)werden seine Korrespondenz geführt haben. Vgl. die Briefe bei Ibn Sa'd und oben S. 15f.


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geriet dieser bei der Darstellung von Gottes Schöpfertätigkeit so in Entzücken, daß er ansrief: Da erklärte ihm der Prophet, sein Ausruf stimme ganz mit den Worten des Qorans überein, die hierhin gehörten. Man sieht deutlich, daß 'Abd-allah's Worte Muhammed so passend schienen. daß er sie ans dem Stegreif an dieser Stelle aufnahm.

Muhammed, der sich nicht scheute, je nach den Zeitumständen Verse zu wiederholen, Qoranstellen zu verändern und aufzuheben, dessen Werk zum großen Teil nur die jedesmaligen Verhältnisse im Auge hatte, lag nichts daran, die Suren etwa nach der Zeit der Abfassung oder nach dem Inhalte in eine feste Ordnung zu bringen. Aber wir dürfen ihn darüber nicht mit Weil 1 ernstlich tadeln. Konnte denn der Prophet wirklich, wie jener meint, vorhersehen, daß kurz nach seinem Tode wenigstens über den Buchstaben seiner Offenbarungen Streit entstehen würde? er, der ungelehrte Mann, der von einer Buchstabenverehrung keine Ahnung hatte? Sein Geist, der naturgemäß auf die nächsten Ziele losging, konnte durchaus keine Vorstellung von der eigentümlichen Entwicklung des Islam nach seinem Tode haben. Er überließ die Sorge für das Entfernte seinem Gott und hat wohl schwerlich je über die spätern Schicksale des Qorans nachgedacht, noch weniger als über die Wahl eines Nachfolgers. Eine vollständige Sammlung des ganzen Qorans war schon seinem Verfasser selbst kaum möglich. Denn nicht nur hatte er auch nach der Überlieferung der Muslime 2 und sogar dem

1 K.42 f. 2. Anfl. 53. Im Grunde könnte man allen großen Religionsstiftern denselben Vorwurf mit ebensoviel oder vielmehr ebensowenig, Recht machen.

2 Vgl. die öfter bei Bh. (z.B. kit. al-sahadat § 11) und bei Muslim I, 443f. = Q. IV 72ff'. fada'il al-qoran, bab 2) vorkommende Tradition 'Aisa's:

oder

Hier handelt es sich also um Verse die schon andern mitgeteilt waren.


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Zeugnisse des Qorans 1 manche Stücke schon selbst vergessen, manche wurden auch absichtlich von ihm verändert. Daß er bisweilen zu dein schon Niedergeschriebenen zweckmäßige Zusätze machte, sehen wir deutlich aus folgendem Beispiel: Als die, welche nicht in den Krieg zogen, im Qoran scharf getadelt wurden, kamen zwei Blinde und fragten ängstlich, ob der Tadel auch sie träfe; da befahl Muhammed dem Zaid b. Tabit, ein paar Worte hinzuzuschreiben, in welchen die mit Körpergebrechen Behafteten ausgenommen wurden 2 Daß auch ganze Stellen nach längerer oder kürzerer Zeit an andere angesetzt wurden, wird sich unten bei der Behandlung des einzelnen ergeben Aber manche Stücke wurden auch von Muhammed verschiedenen Leuten in verschiedener Gestalt vorgetragen, sei es nun daß er sie verschiedenen wollte, sei es - und dies ist wohl der häufigere Fall - daß sein Gedächtnis nicht hinreichte, sie unverändert zu bewahren. Über diesen Punkt gibt es mehrere Traditionen deren bekannteste die von 'Omar und Hisam b. Alhakim ist, welche über die von beiden verschieden gelesene 25. Sura in Streit gerieten und, als sie sich deshalb an den Propheten wandten, die Entscheidung bekamen, sie läsen alle beide recht nach der Offenbarung; denn der Qoran sei geoffenbart von denen jedes gut sei 3. Auch Ubai b. Ka'b, heißt es,

1 Sur. 2, 100 (wo freilich andere lesen) und Sur. 87, 6.

2 Die Geschichte stützt sich auf das Zeugnis mehrere, darunter auch das des Zaid selbst. Siehe Bh. im § 31: fada'il al-qur. §7; Tirm. k. al-gihad § 22; Nasai ibidem § 3; Muslim II. 231 (Q. VIII, 114f. gihad); Ibn Sa'd ed. IV, 1 p. 154f Tabari. Tafsir VI 134, L. Wah. Zam. B. zu Sur. 4, 97 Vgl. Mém. de l'Acad. d. Inser. L., 424.

3 Muwatta' 70; Bh. kit. al-halq bab 5 § 10; kit fada'il al quran § 4; husumat § 3 (Qastallani z. St. IV, 237 verzeichnet die Parallelen); Muslim I, 457 (Q. IV, 97ff. fada'il): Tirm. al-qira'at bab Misk. Fada'il al-quran bab 2 § 1;

Nasai 107f. (I, 149, kit. al-iftitah § 37 Misk. Fada'il al-quran bab 3 fasl 2); Tabari, Tafsir Einleitung I. p. 9-24). Oft wiederholt bei Spätern wie Ibn 'Atiya Alqurtubi I, 18 v. Ibn Hagar u. Usd al-Ghaba s.v. Mém. de l'Acad. d. Inser. L., 425 usw.


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hörte einst einen Menschen in der Moschee den Qoran auf eine ihm nicht bekannte Weise lesen. Er verwarf sie, aber bald darnach machte es ein anderer ebenso. Da ging er zum Propheten, und dieser billigte die Lesart. Als er nun hierüber in Angst geriet und fürchtete, für einen Lügner gehalten zu werden, beruhigte ihn der Prophet durch eine ähnliche Antwort, wie er sie 'Omar und Hischam gegeben hatte1. Hierher gehört auch die unleugbare Verschiedenheit der unter den Gefährten Muhammeds gebräuchlichen Lesarten, von der z. B. - weiteres siehe unten im dritten Teile - folgende Stelle zeugt 2:

3
4

Diese ganze Verschiedenheit, die für uns so leicht zu erklären ist, macht natürlich den Muslimen ungeheure Mühe. Vorzüglich bei der Erklärung der Worte oder wie eine Variante 5 hat haben sie viel Schweiß vergossen. Mehrere Traditionen haben ihre Erklärung zum Zweck 6; und schon Abu Hatim Muhammad

1 Muslim, fadail al-quran § 13; Misk. ibid. bab 3 fasl. 2; Nasai, iftitah § 37; Alqurtubi I, 18 v. f. Tabari, Tafsir I, 9ff.

2 Bei Ibn Sa'd, ed. III, I S. 270 un 8ff.

3 Das ist Ibn Mas'ud. Die Echtheit der Tradition steht natürlich nicht fest.

4 Dieser Ort lag nach Yaqut III, 218 usw. im 'Iraq unweit Hira und ist vielleicht identisch mit jüdischem (A. Neubauer, Géographie du Talmud p. 362). Das Sprichwort "berühmter, deutlicher als der Weg nach Assailahin" habe ich sonst nicht gefunden.

5 Mabani IV. Tabari, Tafsir I,12, 2: 6 oder 7.

6 Z.B. Gabriel habe dem Propheten gesagt, der Qoran müßte gelesen werden da habe dieser eingewandt, dazu wäre das Volk der Muslime zu schwach; so habe denn Gott gestattet zwei, dann auf neues Bitten fünf, endlich sieben anzuwenden (Muslim Q. IV. 102ff. Azraqi 436; Misk. 184 (192); Alqurtubi I,16 r.). Ähnliche Traditionen finden sich mehrfach; vgl. Tirm., Nasai und Misk. a.a.0. (S. 48, Anm.3); Mabani IX; Ibn 'Atiya; Alqurtubi 16ff.; Itq. 105ff. usw.


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b. Habban Albusti (# 354) konnte 35-40 verschiedene Erklärungsarten zusammenbringen, die wir alle, oder deren bedeutendste wenigstens wir in verschiedenen Büchern finden1. Abu Sama (um 650) hat über diese Erklärungsarten ein eignes Buch geschrieben2. Da diese zum größten Teil wertlos, ja lächerlich sind und dem Wortlaut der Traditionen zuwiderlaufen, so wollen wir nur ein paar Proben anführen. Die sieben Ahruf sollen die sieben verschiedenen Gegenstände bedeuten, die im Qoran vorkommen, nähmlich Erzählung, Gebot, Verbot usw., oder sieben verschiedene Sinne (einen äußeren und sechs innere), oder die Lesarten der sieben spätern Leser (siehe unten; diese Ansicht erklärt Itq. 115 für ein Zeichen schmählicher Unwissenheit), oder sieben verschiedene Sprachen, aus denen Wörter im Qoran vorkommen sollen3, usw. Einige Schi'iten endlich machen sich die Sache bequem und verwerfen die ganze Tradition. Schon einzelne Muslime 4 haben erkannt, daß auf die Zahl 7 in unserer Tradition wenig ankommt, sondern daß sie hier, wie anderswo, als Bezeichnung einer unbekannten Zahl steht, mag sie nun schon von Muhammed selbst genanut oder erst später eingeschoben sein. ist Buchstabe, Lesart. Die Worte bedeuten also nur daß man den Qoran auf verschiedene Weise lesen dürfe. Diese Verschiedenheit, die auch einige Muslime zugeben, indem sie meinen, man habe einzelne Wörter mit anderen von derselben Bedeutung vertauschen dürfen 5, kann ziemlich groß gewesen und bis zum Auslassen und Zusetzen ganzer Verse gegangen sein.

Durchaus zu verwerfen ist die vielfach angenommene

1 Ibn 'Atiya; Mabani IX; Alqurtubi a. a. O.; Cod. Lugd. 653 Warn.; Abdarrahman b. Algauzi (cod. Goth. 1671 = W. Pertsch. Katalog No.544); Itq. a.a.0. Der schi'itische Kommentar cod. Peterm. I, 553.

2 Vgl. das große Werk Ibn Algazari's (cod. Peterm. I, 159) f. 9 r.

3 Arabisch, Griechisch, ein koptischer Dialekt , Persisch, Syrisch, Nabatäisch, Äthiopisch!

4 Ibn Algazari's großes Werk 11 r.; Itq. 107.

5 Wie etwas, Alqurtubi I, 16 v.; Itq. 108f. usw.


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Erklärung, die sieben bezeichneten sieben verschiedene arabische Dialekte. Gewiß stellte es Muhammed jedem frei, den Qoran nach seiner Mundart anszusprechen 1, aber eine solche Verschiedenheit war auf keinen Fall so groß, daß seine Genossen darüber in Streit geraten konnten. Schon bei Ibn 'Atiya und im Itqan 111 finden wir die richtige Bemerkung, daß dies auf die Geschichte 'Omar's und Hischam's gar nicht passe, die ja beide Quraischiten waren. In dem historischen Bericht selbst habe ich übrigens für nur bei Kazem Beg a.a.0. gefunden. In der Aufzählung der sieben Dialekte herrscht die reine Willkür. Man ist zum Teil höchst unglücklich verfahren, indem man z. B. jedem Stamme, der im heiligen Gebiet von Mekka oder in seiner unmittelbaren Nachbarschaft wohnte (Qurais', Kinana, Huza'a, Taqif usw.) Einen eignen Dialekt zuschrieb oder gar auf Stämme Rücksicht nahm, die gar nicht in Frage kommen konnten 2.

1 Ibn Mas'ud soll einem Menschen, der (Sur. 44, 44) nur aussprechen konnte, erlaubt haben, oder zu lesen Mabani IX; Itq. 109), aber dies Beispiel ist gewiß irgend einer Theorie zu Liebe erfunden. Denn entweder konnte jener Mann jedes im Anlaut nur als aussprechen: dann wäre es absurd gewesen, zu verlangen, daß er jedesmal ein anderes Wort suchen sollte; oder diese Eigentümlikeit erstreckte sich nur auf wenige Wörter: dann konnte er leicht die vorgeschriebene Aussprache befolgen, statt ein ganz anderes Wort wählen zu müssen. Dazu kommt, das die Worter und den Reim stören. Uberhaupt ist es undenkbar, daß Ibn Mas'ud, von dem ja berichtet wird, er habe für gesagt, eine so geringe Abweichung der Aussprache nicht ertragen und lieber ein ganz anderes Wort genommen haben soll. Jener Wechsel von mit ist übrigens aus alter wie neuer Zeit dialektisch bezeugt.

2 Man nennt z. B. Qurais', Kinana, Asad, Hudail Tamim, Dabba, Qais oder Qurais', Sa'd b. Bakr, Kinana, Hudail, Taqif, Huza'a, Asad, Dabba, oder 5 Stämme von dem hintern Teile von Hawazin und vom untern Tamim's. Die meisten wählen die Stämme nur aus Mudar, mit Vorziehung der Qurais' (die jedoch in der letzten von uns aufgezählten Reihe fehlen!) und Hawazin, unter denen, nach der Legende, Muhammed erzogen worden war; andere nennen Qurais', Yemen ein gemeinschaftlicher Name, der ganz verschiedene Stämme umfaßte),


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Man bringt diese Verschiedenheit der Lesarten vielfach in Verbindung mit der Überlieferung, Gabriel habe dem Propheten jedes Jahr (oder jeden Monat Ramadan) den Qoran (d. h., wenn die Tradition überhaupt einen Sinn haben soll, die bis dahin geoffenbarten Teile des Qorans) wieder vorgelesen; wenn er dann etwas ausgelassen oder zugesetzt, hätten die Genossen es sich ins Gedächtnis eingeprägt 1 und so seien die verschiedenen Formen entstanden.

Wenn man aber behauptet, Muhammed habe seinen Genossen verboten, über die Vorzüge der verschiedenen Lesarten zu streiten 2, so ist das deutlich die Erfindung eines Mannes, der von dem Streite über die Verschiedenheit der Lesarten Gefahr für den Glauben fürchtete. Es ist ja ein durchgehender Zug des größtenteils unechten Hadith, spätere Lehren dem Propheten selbst in den Mund zu legen.

Von dem, was Muhammed veränderte, unterscheidet sich das Aufgehobene (Sur. 2, 100). Daß eine Offenbarung durch eine andere anfgehoben wird, ist eine Vorstellung so unerhörter Art, daß sie von Muhammed nicht gut aus der Luft gegriffen sein kann. Nächstverwandt scheint mir der christliche Gedanke von der Abrogierung des Gesetzes durch das Evangelium (z. B. Ephes. 2, 15; Col. 2,14). Unter diesen Umständen dürfte auch das Wort für den fremden Begriff entlehnt sein, wenn schon jene spezielle Bedeutung von in dem uns bekannten Aramäisch nicht erhalten ist. Abu'lqasim

Tamim, Gurhum (ein altes halb fabelhaftes Volk!), Hawizin, Quda'a (die zu den Yemen gehörten!), Tai (desgleichen). Aber die bei Kazem Beg a.a.0. 379 aufgezählten Namen, unter denen sogar Himyar figuriert, habe ich sonst nirgends gefunden.

1 Bh. fada'il al-q. § 7, al-saum § 7 al-wahy; Mulim Q. IX 162 , 337 fad'il Fatima; Mabani III; Alqurtubi 22r. und öfter; Misk. 175 (183 bab al-i'tikaf; Assusawi cap I; Itq. 116 Not. et extr. 8, I, 357. Man fügt zuweilen hinzu, in Muhammeds letztem Lebensjahre sei dies zweimal geschenen, oder die endgültige Lesart sei die, welche Gabriel bei dem letzten Male befolgt habe.

2 Bh. im § 37, Misk. Ibid. bab 3 fasl I § 2; Tabari, Tafsir I,10 u.; Ibn Algazari f.16 v.; Itq. 195.


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Hibat-allah b. Salama (#410), dessen 1 sehr große Autorität erlangte und den meisten spätern Werken über diesen Gegenstand als Quelle und Muster diente, teilt die aufgehobenen Stellen wieder in folgende Klassen 2: 1) die dem Sinne nach aufgehobenen, aber dem Wortlaut nach im Qoran erhaltenen, 2) die dem Wortlaut nach aufgehobenen, aber dem Sinn nach noch gültigen, 3) die dem Sinn und dem Wortlaut nach aufgehobenen. Diese Einteilung bezieht sich, wie man leicht sieht, nur auf die jetzige Gestalt des Qorans als eine auf göttliches Geheiß von Muhammed angeordnete. Daher zählt sie zu dem Aufgehobenen auch alles, was ohne des Propheten Willen verloren ging oder ans Versehen nicht in die von seinen Nachfolgern veranstaltete Sammlung des Qorans kam. Außerdem werden von den Muslimen, besonders von Hibat-allah, viele Verse für aufgehoben gehalten, die keine praktische Geltung mehr haben, weil ihre Veranlassung aufgehört hat, z. B. sollen alle die Verse, in denen Muhammed angewiesen wird, Beleidigungen und Verfolgungen geduldig zu ertragen, aufgehoben sein, nachdem seine Verhältnisse sich gänzlich verändert hatten, also von einer eigentlichen Gültigkeit gar nicht mehr die Rede sein konnte. Überhaupt dehnt man zum Teil die Klasse des Aufgehobenen bis zur Lächerlichkeit aus, was Suyuti klar einsah3. Wenn wir nur die

1 Auch in unsern Bibliotheken nicht selten (vgl. Carl Broekelmann, Geschichte der arabischen Litteratur, Bd. I,192, Weimar 1898), jetzt gedruckt am Rande von Wahaidi's Asbab al-nuzul, Cairo 1316. Andere Werke über diesen Gegenstand werden aufgezählt im Fihrist ed. G. Flügel p.37.

2 ed. Cair. pag. 9ff. Vgl. Diarbekri, Ta'rih al-Hamis ed. Cair. 1283 I, p. 14; Itq. 516ff.

3 Itq. 516 sqq. - Das Schwanken der Tradition genauer darzustellen hat nur einen Wert für Dogmengeschichte und Fiqh. Interessant ist z.B. wie Buhari Wasaya § 18 die Zugehörigkeit von Sur. 4, 9 zu den mansuhat bestritten wird:

Sehr ausführlich handelt darüber Tabari im Tafsir zu Sur. 2, 100.


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heutige Gestalt des Qorans berücksichtigen, so finden wir darin allerdings entweder die aufgehobene und aufhebende zugeich, oder nur die aufgehobene 1, oder nur die aufhebende. In Wahrheit aber haben wir zwei verschiedene Arten von aufgehobenen Stellen zu unterscheiden, indem teils die Giltigkeit eines Verses durch eine ausdrückliche Offenbarung außer Kraft gesetzt wurde, was besonders von den Gesetzen gilt, welche immer den Zeitumständen anzupassen sind, teils durch ein einfaches Verbot Muhammeds das Lesen und Abschreiben dieser oder jener Stelle seinen Genossen aus irgend einem Grunde untersagt ward. Der Umfang der zuletzt genannten Klasse ist ebensowenig, wie der der erstern, als groß anzunehmen. Allein wir erfahren doch aus einer Tradition, der etwas Wahres zugrunde liegen mag, daß Muhammed einmal selbst eine Qoranstelle ausstrich2 , die er erst kurz vorher seinen Anhängern diktiert hatte. Wer die vielen seltsamen Ansichten der Muslime über den Qoran kennt, wird sich übrigens nicht wundern, daß einige die ganze Lehre von der Aufhebung verwerfen, obgleich der Qoran sie selbst deutlich ausspricht 3. Jedoch gilt diese Ansicht für ketzerisch 4.

1 In diesem Fall nehmen die Muslime an, die Qoranstelle sei durch die Sunna aufgehoben, doch herrsehen über diesen Punkt vieleverschiedene Ansichten. Vgl. B. und Tabari zu Sur. 2, 100; cod. Peterm. I 555 (ein von Hibat-allah unabhängiges Buch uber von alqadir b. Tahir Albaghdadi 429 a. H.); Itq. 515; I. Goldziher, Muh. Stud. II, 20.

2 Die einfachste Gestalt der Tradition findet sich bei Hibat-allah ed. Cair. p. 12, (vgl. Marraccius Prodrom. I, S.42. Weil Anm. 597), wo Muhammed dem über das Verschwinden der Schrift erstaunten Ibn Mas'ud antwortet: hier wird "aufheben", "tollere" in derselben Bedeutung wie gebraucht. Etwas anders erscheint diese Erzählung bei Alqurtubi zu Sur. 2, 100 und wunderbar ausgeschmückt Itq. 526, wo zwei Männer eine Sura zugleich vergessen.

3 Sur. 2, 100; vgl. Sur. 16,103. Vom Qoran aus ist diese Vorstellung dann auch auf Hadithe angewandt worden.

4 L. und Alqurtubi zu Sur. 2, 100; Hibat-allah ed. Cair. P. 26; Hamis ed. Cair. I, p. 14.


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Einzelne in der jetzigen Gestalt des Qorans fehlende, aber auf andere Weise erhaltene Offenbarungen, die man nach der eben angegebenen muslimischen Einteilungsweise zu den aufgehobenen rechnet, sollen unten aufgeführt warden.

Zum Schluß unserer allgemeinen Besprechung der qoranischen Offenbarungen wird es nicht unzweckmäßig sein, die Frage zu beantworten, wie Muhammed es wagen durfte, alle Gegner herauszufordern, ihm zehn Suren (Sur. 10, l6), und, als sie dies nicht konnten, nur eine 1 zu bringen, um dadurch seinen ausschließlichen Prophetenberuf anzufechten. Den Umstand, daß zu einer Zeit, wo Arabien an Meistern der Redekunst Überfluß hatte, niemand der Herausforderung Genüge leisten konnte, haben die Muslime bekanntlich bis auf den heutigen Tag als einen unwiderleglichen Beweis für die Göttlichkeit des Qorans angesehen, der durch seinen Stil alle menschliche Kunst zu Schanden mache. In zahlreichen Werken 2 ist diese Ansicht, an die sich mancherlei Streitfragen knüpfen, des weiteren dargelegt.

Aber wenn wir Muhammeds Herausforderung genauer untersuchen, so finden wir, daß er gar nicht verlangte, man sollte etwas poetisch oder rhetorisch dem Qoran Gleichstehen des, sondern etwas dem Qoran wesentlich Gleiches liefern. Dies war aber der Natur der Sache nach seinen Gegnern unmöglich. Sollten sie den alten Götterglauben, von dem sie innerlich wenig überzeugt waren, in derselben Weise verteidigen, wie jener für Gottes Einheit mit den sich daran knüpfenden Dogmen eintrat? Sollten sie etwa die Götter selbst reden lassen? das wäre nur eine Satire oder eine Absurdität gewesen. Oder sollten sie gleichfalls sich für Gottes Einheit begeistern und nur Muhammeds Propheten-

1 Vgl. hierüber Mart. Schreiner in ZDMG.42, S. 663-675.

2 Sur 10, 39; 2, 21. Der Gründer der Babi-Sekte, Mirza 'Ali Muhammad von Schiraz, erhebt nicht nur den Anspruch, daß seim Buch dem Qoran ebenbürtig sei, sondern daß es denselben weit übertreffe Ed. Browne in Journ. Roy. Asiat. Society N.S. Bd. XXI, 916f.). Über Nachahmungen des Qoran in muslimischen Kreisen späterer Zeit siehe I. Goldziher, Muh. Studien II, 401ff.


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schaft bekämpfen? dann konnten sie den Qoran, dem sie gleichkommen wollten, nur kopieren; und ein Abbild kann sich nie dem Urbild vergleichen. Der Glaube Muhammeds war eben seinen Landsleuten gegenüber originell und schuf sich daher auch einen originellen Ausdruck, der nicht nachzuahmen war. Diese Schwierigkeit wurde durch die Unbeholfenheit seines Stiles nicht unwesentlich gesteigert.

Trotz alledem ist jene Herausforderung Muhammeds nicht ganz ungehört verhallt. Denn noch zu seinen Lebzeiten und kurz nachher traten an verschiedenen Orten der arabischen Halbinsel Männer auf, welche den Anspruch erhoben. Propheten ihres Volkes zu sein und von Gott Eingebungen zu empfangen, Laqit b. Malik in 'Oman (Tabari I,1977, 7f.), der Schleiermann 'Abhala b. Ka'b el-Aswad in Jemen, der Asadite Toleiha, der Temimite Musailima, schließlich die Prophetin Sagah1 Alle diese haben Offenbarungen losgelassen aber nur von Musailima sind Aussprüche2 erhalten, die trotz ihrer fragmentarischen Gestalt es ermöglichen, von den reiligiösen Ideen des Mannes eine annähernde Vorstellung zu bekommen. Als eine Religion, die sich ihrer Kraft bewußt war und als die wahrste und beste die ganze Welt zu sich herüberziehen wollte, hat der um seine Existenz kämpfende junge Islam alle diese Bewegungen ohne jedes Bedenken für Schwindel und Satanwerk erklärt. Der Erfolg hat ihm Recht gegeben, aber in jeder anderen Beziehung ist dieses Urteil ungerecht und falsch. Die Verwandtschaft der Lehren Musailima's und Muhammeds ist allerdings außerordentlich groß. Denn es

1 Vgl. die Ausführungen J. Wellhausen's in den Prolegomena zur ältesten Geschichte des Islam (1899) S. 7-37.

1 Tabari I, 1738, 14, 17ff. 1916, 10 -1917 4, 1933 2, 1934 6, 1957, 4, 5. An der Zuverlässigkeit der Überlieferung ist im allgemeinen nicht zu zweifeln. Der obscoene Dialog Tab. I, 1917, 12- 1918, 10 beruht natürlich auf böswilliger Erfindung. Der eigentlich Name des Mannes war Maslama, wie z. B. Mubarrad, Kamil 443,5 in einem Verse steht, bei den Muslimen bürgerte sich das Deminutiv ein im Sinne satirischer Verkleinerung (Ibn Hatib al-Dahsa, Tuhfa ed. Mann Leiden 1905 s.v.), wie auch der Name des Propheten Talha in Tulaiha verändert wurde Baihaqi, ed. Schwally p.33, 5).


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sind ihnen so wichtige Dinge gemeinsam wie das ewige Leben Tabari I, 1917, 2), der Gottesname Rahman (Tab. 1933, 12 1937, , vgl. 1935, 14 u. Beladori 105, 6), Fastengebote (Tab. 1916, 14, 1917, 1), Enthaltung von Wein (1916 u.) und die drei1 fest bestimmten täglichen Gebetszeiten (Tab. I, 1919, 2 ff.). Indessen beruht diese Verwandtschaft wahrscheinlich nicht auf einer Entlehnung aus dem Islam, sondern auf der hier wie dort vorhandenen Abhängigkeit vom Christentum. Musailima hat ja auch eigentümliches, das christlicher Herkunft, aber dem Qoran fremd ist, z. B. das Gebot der geschlechtlichen Enthaltsamkeit, sobald ein männliches Kind geboren ist (1916 a. 1917, 4-17), und den eschatologischen Begriff des Himmelreiches2) 1917,2). Noch weniger braucht der Prosareim entlehnt zu sein, denn er ist bei den Arabern schon lange vor Muhammed eine beliebte Form für religiöse Sentenzen gewesen. Überhaupt zeigt Musailima im Ausdruck, namentlich in seinen Vergleichen, so viel Originalitat, daß seine angebliche Imitation des Qorans Tab. I, 1738,17; His. 946, 14) immer unwahrscheinlicher wird. Diese Originalität ist auch ein beachtenswertes Argument für die wesentliche Echtheit der ihm zugeschriebenen Offenbarungen. Beruhten dieselben auf freier Erfindung muslimischer Theologen, so dürfte man doch wohl größere Ähnlichkeit mit dem Qorane zu erwarten haben.

1 M. Th. Houtsma (Theolog. Tijdschrift, Bd. 24 S.127-134) hat währscheinlich gemacht, daß Muhammed das offizielle Gebetsexerzitium nur für zwei Tageszeiten eingerichtet hat, die er später mit einem dritten Salat dem mittleren (al-wusta), erweiterte. I. Goldziher (ZDMG. Bd. 53 1899) S. 385) Jewish Encyclopedia VI, 653a) hat diese These dahin ergänzt daß die Fünfzahl des täglichen obligaten Salat's unter Einfluß der fünf Gih der Perser erfolgt sei. Vgl. auch Leone Caetani, Annali dell' Islam Vol.I, § 219, Vol.II, tom. I, 354ff. 635ff.

1 Die im Qoran öfter (19 mal) vorkommende Wendung ist nicht, oder wenigstens nicht in erster Linie, esehatologisch gemeint, sondern drückt lediglich aus, daß Allah der Herr der ganzen Welt ist auch 38, 9). Hieran sind selbstverständlich sehr leicht eschatologische Gedanken anzuschließen (z.B. 45, 26).


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